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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
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Seite - 104 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers

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PROBIEREN UND SUCHEN104 196 Vgl. Geiringer 1959, S.  120. 197 Vgl. Pohl/Botsiber 1927, S.  95. 198 Erst als sich Fürstin Maria Hermenegilde, die Haydn als »guten Engel« bezeichnete und seit 1784 vom Haydn-Schüler Johann Fuchs (1766–1822) am Klavier unterrichtet wurde, für den Kapellmeister einsetzte, wurden dessen An- sprache bei Hofe als »Doktor in Oxford« sowie höhere Bezüge durchgesetzt. Haydn widmete Maria Hermenegilde 1784 seine Klaviersonaten Hob. XVI : 40–42, 1795 die Klaviertrios Hob. XV :21–23. 199 Vgl. Armstrong 2007. 200 Griesinger 1810, S.  115. 201 1796 Missa in Tempore Belli (Paukenmesse), 1798 Missa in augustiis (Nelsonmesse), 1799 Theresienmesse, 1801 Schöpfungsmesse, 1802 Harmoniemesse. 202 Vgl. Joseph an Michael Haydn, Wien, 22. Ja- nuar 1803, in : Robbins Landon 1993 (1), S.  72. Den wertneutralen Ausspruch Haydns zitiert Landon auch in seinem großen Haydn-Werk, fügt jedoch hinzu : »but the Archeduke’s love and understanding for music are greater than those of my prince« – ein Satz, der von Haydn so nicht überliefert ist. innovativer Auftritt für den umjubelten Star zeitgenössischer Musik war. Nikolaus scheint Haydns zeitgenössisches Schaffen nicht ausreichend geschätzt zu haben196, denn er setzte ihn lieber zur Komposition von Märschen für die Harmoniemu- sik bzw. zur Aufführung von Barockopern ein. Haydn schien seinem Dienstherrn schon deshalb mit gehörigem Selbstbewusstsein begegnet zu sein und maßregelte den jungen Fürsten, als dieser sich in eine Probe mischte : »Fürstliche Durchlaucht ! Dies zu verstehen ist meine Sache !«197 Daraufhin verließ Nikolaus II. offensichtlich indigniert das Zimmer198. Entgegen dem eigentlichen musikalischen Schwerpunkt Joseph Haydns – also Sinfonie, Oper und Kammermusik – galt das hingebungsvolle Interesse des Fürs- ten der Kirchenmusik, wo er besonders die barocken und konventionellen Werke bevorzugte, so von Johann Georg Albrechtsberger, Georg Reutter und dem Bruder seines Kapellmeisters, Michael Haydn199. Damit folgte Nikolaus keineswegs der zeitgenössischen Mode, nach der Kirchenmusik und Kirchenmusiker keinen hohen Stellenwert genossen. Man könne »mit dem Dudelsack mehr verdienen, als mit Of- fertorien und Messen«200, hieß es damals. Dennoch erhob Nikolaus mit Beginn der Regentschaft die Komposition von Festmessen zum Namenstagsfest von Fürstin Maria Hermenegilde zu Haydns wichtigster Pflicht. Das Fest zu Ehren der Fürs- tengattin wurde alljährlich zusammen mit den Festen Maria Geburt und Namen sowie dem Hochzeitstag des Fürstenpaares im Herbst begangen und eröffnete die Fest- und Jagdsaison in Eisenstadt201. Daneben blieb Joseph Haydn als Privatmann und -unternehmer genügend Zeit, um an seinem berühmten Alterswerk, der Schöp- fung (April 1798), und an dem Oratorium Die Jahreszeiten (April 1801) zu arbei- ten. Haydns Kompositionen wurden in der ganzen Welt gespielt. In London, Paris, Madrid und Berlin war er berühmt, seine Werke sangen Kaiserinnen in der Wiener Hofburg und Dorfschullehrer auf Rügen. Der Ruhm des Esterházy-Kapellmeisters hatte den seiner Auftraggeberfamilie längst überflügelt. Als 1801 Haydns Kräfte schwanden und er nicht mehr dirigieren konnte, er- nannte Fürst Nikolaus den Pressburger Johann Nepomuk Fuchs (1766–1839) 1802 zum Vizekapellmeister in Eisenstadt. Auf der Suche nach einem neuen Hof- kapellmeister fragte der Fürst auch bei Haydns Bruder Michael an, der Domorga- nist im inzwischen von den Franzosen aufgelösten Fürstbistum Salzburg war. Auf die Nachfrage Michaels an seinen berühmten Bruder, ob er zu Esterházy wech- seln oder beim neuen Regenten in Salzburg, dem ehemaligen Großherzog von Toskana, Erzherzog Ferdinand, bleiben sollte, gab Haydn – diplomatisch  – keine klare Präferenz : »beede diese sind groß«202. Augenscheinlich erschien es ihm also nicht zwingend, dass sein Bruder ihm nachfolgen müsse, sei es aus Skepsis gegen- über den unvollkommenen Kenntnissen seines Dienstgebers oder aus Sorge vor dessen sprunghafter Unberechenbarkeit. Michael blieb also sicherheitshalber in Salzburg. Im Wiederanknüpfen an das Musikerbe des Hauses Esterházy und die Hofkul- tur seines Großvaters sah Fürst Nikolaus II. eine erste Möglichkeit, seinen Glanz als Förderer, wenn auch nicht Kenner der Kunst zu mehren. Mit der Wiederbe- rufung Joseph Haydns und der Reinstallation einer großen Hofkapelle wollte er als Musikförderer reüssieren, als es in Wien keineswegs mehr selbstverständlich war, dass adelige Häuser eine teure eigene Hofmusik besaßen. Stattdessen wurden immer mehr freie Orchester oder Einzelmusiker für bestimmte Veranstaltungen in den Palais der Residenzstadt engagiert.
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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Untertitel
Biografie eines manischen Sammlers
Autor
Stefan Körner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 2.0
ISBN
978-3-205-78922-2
Abmessungen
23.0 x 28.0 cm
Seiten
404
Kategorie
Kunst und Kultur
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