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Der Fürst sammelt in Paris Inspirationen 131
26 Vgl. Nikolaus II. an Henriette Zielinska,
22. (März ?) 1803, in : MOL, FAE, P134, E,
Nr. 920.
27 Vgl. Napoléon Bonaparte an Savary-Graf von
Rovigo, 1. November 1807, in : Napoleon I. 1959,
S. 143.
28 Vgl. Nikolaus II. an Henriette Zielinska,
22. (März ?) 1803, in : MOL, FAE, P134, E,
Nr. 920.
29 So eine große Pendule-Gruppe (vgl. EPA, CD
1803/1233, 14. Mai 1803). Später folgten Möbel
von Martin-Eloy Lignereux (1752–1809) nach
Eisenstadt (vgl. EPA, CD 1807/1494, 20. März
1807). Vgl. Starcky Paris 2007, Kat.-Nr. 125,
S. 213f. gestaltung. So fuhr er mit seiner Schwester Leopoldine zum 1778 von Claude-Nico-
las Ledoux erbauten Hôtel Thélusson26, in das gerade Napoléons Vertrauter, Joachim
Murat (1767–1815), eingezogen war. Der Bau mit seinen massiven Türmen und der
kontrastierenden leichten Säulenstellung war die radikale Umsetzung von Ledoux’
Architekturfantasien und galt als das eleganteste Wohnhaus von Paris27. Sein Revo-
lutionsklassizismus wurde prägend für den Architekturgeschmack Nikolaus’.
Auch die modernste zeitgenössische Innenausstattung sah sich Nikolaus im
März 1803 in Schloss Malmaison an28. Hier hatte sich Joséphine Beauharnais
zwischen 1799 und 1802 von Charles Percier (1764–1838) und Pierre-François
Fontaine (1762–1853) einen alten Landsitz im Geschmack des sog. Empire weg-
weisend ausstatten lassen. Percier und Fontaine, seit 1801 als Architectes des Palais
du Premier Consul berufen, hatten diesen von der Formenwelt der römischen Antike
bestimmten Repräsentationsstil geschaffen, der edle Materialien und technische
Innovationen verband. Davon angeregt, erwarb der Esterházy-Fürst besonders auf-
wendige Bronzeguss- und Tischlerarbeiten der Pariser Luxusindustrie, die er im
Mai 1803 nach Wien sandte29. Hierbei bewies er wiederum Gespür für die erste
Qualität, die im Dunstkreis des Napoléon-Hofes entstand und erst langsam den
europäischen Markt und Geschmack erreichte.
Bei Gérard, Percier und Fontaine und seinem Interesse für Revolutionsarchi-
tektur zeigte sich Nikolaus’ Offenheit gegenüber neuen Moden, denen er schnell
und finanzkräftig folgte. Er war innovativer Vorreiter, gerade für österreichische
Verhältnisse. So wurde Paris für Nikolaus geschmacksbildend und beeinflusste
maßgeblich die Formfindung zu seinem gestalterischen Großprojekt, dem Umbau
seiner Residenz Eisenstadt. Es sollten sich im späteren Projekt des Eisenstädter
Schlosses zahlreiche architektonische Motive und Zitate von Pariser Gebäuden
wiederfinden, die Nikolaus in den drei Monaten seines Aufenthaltes aufgesucht
hatte : So führte ihn der Weg vom Zentralmuseum im Louvre zum Hotel von Hen-
riette Zielinska durch die Baustelle der Rue de Rivoli (Entwurf Percier und Fon-
taine), des anspruchsvollsten städtebaulichen Projekts der napoleonischen Zeit. De-
ren Arkadenbögen sollten für das spätere Sockelgeschoss des Schlosses Eisenstadt
von architektonischer Bedeutung sein. Gleiches galt für die monumentalen Säu-
lenkolonnaden mit radikal horizontal abgeschlossenem Portikus, die Nikolaus an
Kunstbetrachtung im Musée Napoléon im Louvre,
Radierung von Joseph Fischer (1769–1822), 1803,
Albertina, Wien.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur