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Der omnipräsente Fürst ist kaisernah 201
258 In einer Expertise stellte Obersthofmarschall
Trauttmansdorff fest, dass es militärisch un-
sinnig und eine Überhöhung der Rolle Niko-
laus II. sei, wenn er als Einziger in der Kutsche
vorführe, selbst dem Obersthofmeister und
dem Oberstkämmerer sei dies nicht gestattet.
Niklaus konterte vergeblich, dass dies in seiner
Familie seit drei Generationen als Kapitän der
Garde üblich sei. Der Kaiser bestätigte : »Sagen
sie also dem Fürsten Esterhazi … der Wagen
ist unschicklich« (vgl. Schreiben des Obersthof-
meisters Trauttmansdorff, 6. Februar 1820, in :
MOL, FAE, P163, Fasz. 53, Nr. 1265c).
259 Vgl. Wiener Zeitung, Jg. 1808 (9. Januar 1808).
260 Vgl. hierzu ausführlich : Duschanek 1999,
S.
252.
261 Skall, Johann Baptist : Historische Memoires
denkwürdiger Begebenheiten am kaiserlich oester-
reichischen Hofe in den Jahren 1808, 1809 und
1810. Von einem Augenzeugen, 1. Teil (1808),
S.
49f., in : ÖNB, Han, Ser. nov. 12.155. Diese
»alte[n] Rüstungs- und verschiedene[n]
Geschmücks-Stücke« (Centraldirektion an
Nikolaus II., 6. Dezember 1807, in : EPA, CD
1808/2845) hatte Fischer der Forchtensteiner
Schatzkammer entnommen und nur in Teilen
wieder zurückgeben, da Teile verloren gegangen
waren.
262 August Wilhelm Schlegel über den Maskenball,
in : Prometheus. Eine Zeitschrift, darin : Der An-
zeiger für Litteratur, Kunst und Theater, Jg. 1808,
Heft 1.
263 Wiener Zeitung, Jg. 1808 (13. Januar 1808).
264 Hummel Opus 27, 28.
265 Vgl. Nikolaus II. an Paul (III.) Anton, Karlsbad,
1. August 1796, in : MOL, FAE, P163, 1cs, A1,
Nr. 4–5 ; Nikolaus II. an Henriette Zielinska,
8. Juli 1804, in : MOL, FAE, P134, E, Nr. 780
(Reise wohl nur geplant). Besonders suchte der Fürst dabei die Gunst und die Nähe des Kaisers und stattete
im Januar 1808 sogar große Teile der Hochzeit des Kaisers Franz mit Maria Ludo-
vika (1783–1816) aus. Als Gardekapitän der ungarischen Leibgarde nahm er in
exponierter Stellung bei den feierlichen Einzügen teil, bei denen er gegen das üb-
liche Protokoll in einer Galakutsche sitzend in die kaiserliche Hofburg einzog, was
zu großer Verstimmung der Hofämter führte258. Üblich war seine wirkungsstarke
Stellung links des Kaisers bei allen Essen, Bällen und der Trauungszeremonie am
6. Januar259. Am selben Tag wurde Nikolaus II. in den Orden vom Goldenen Vlies
aufgenommen. Höhepunkt der Feierlichkeiten war der große Maskenball vier Tage
später zu Ehren des kaiserlichen Brautpaares, den maßgeblich Nikolaus als Fest-
zug eines Großmoguls inszenierte und finanzierte260. Der Fürst und sein Galerie-
direktor Fischer ersannen indische Kostümierungen, die sich an den Costumes of
Hindostan von William Hodges und Darstellungen des Hofes von Sultan Tippo
Saheb orientierten. Hunderte Gäste wurden so überreich mit Kaschmirturbans und
Shawls ausstaffiert, wobei »viele in Gold und Silber gearbeitete, und mit farbigen
Edelsteinen besetzte Waffen der Männer, Säbel, Dolche, und Schilde … aus der
Sammlung morgenländischer Seltenheiten in Besitze des Fürsten Eszterházy«261,
also der Forchtensteiner Schatzkammer, stammten. Die Gazetten jubelten über die
exotische Pracht, so Wilhelm August Schlegel, der meinte : »Man kann diese Wahl
nicht anders als glücklich nennen.«262 Doch damit nicht genug : Als die Gäste der
Kaiserhochzeit am 9. Januar in Glucks Alcide gingen, waren sie bei Theaterdirektor
Nikolaus zu Gast, und der »hatte Alles aufgeboten, was Kunst und Geschmack
vermögen«263, wie die Wiener Zeitung verlautbarte. Am 11. Januar führte Nikolaus
die Delegation der Ungarn an, die vom Kaiser empfangen wurde und danach dem
Brautpaar mit einem Karussell in der Reitschule huldigte. Als die Festgesellschaft
dann noch am 14. Januar den neuen Vergnügungstempel des Apollosaales in der
Wiener Vorstadt Neubau besuchte, war sicher allen Besuchern klar, dass dieser Ver-
gnügungsbau vom fürstlichen Hofarchitekten Moreau entworfen worden war. Zur
Krönung dieser Allgegenwart des Musenhofes von Nikolaus II. spielte hier sein
Konzertmeister Johann Nepomuk Hummel die extra für diesen Anlass geschrie-
bene Eröffnungsmusik, die Zwölf Tänze für den Apollosaal 264.
So wie der Fürst im gesellschaftlichen Leben der zentralistischen Hauptstadt
allgegenwärtig war, so war er auch mit seinen Palästen, Residenzen und Bauten
an allen wichtigen Punkten des Reiches omnipräsent. Zeit seines Lebens waren es
mehr als zwanzig Wohnsitze, die Nikolaus bewohnte, kaufte, er- und umbaute. Be-
sonders in der Phase von 1803 bis 1810, der Glanzzeit seiner Regentschaft, entstan-
den Esterházy-Residenzen, die deutlich seine Nähe zum Kaiser und die Bedeutung
des fürstlichen Hofes demonstrierten.
5.2 Residenzen und Bauten
Der allseits bekannte, berühmte und berüchtigte Fürst fehlte in diesen Jahren auch
nicht in den Kurbädern in Böhmen und nahe Wiens, die gerade in Mode kamen
und wo sich die Gesellschaft ein Stelldichein gab. So fuhr Nikolaus schon seit 1796
immer wieder nach Karlsbad, welches das angesagteste Kurbad zu werden versprach
und wo sich schon sehr bald der deutsche Adel, die berühmtesten Geistesgrößen,
aber auch Kaiser Franz II. treffen sollten265.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur