Seite - 207 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
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Der omnipräsente Fürst ist kaisernah 207
Herrengasse 17/Bankgasse 1–3, Komplex der
österreichisch-ungarischen Nationalbank.
Kaufkontrakt zwischen Fürst Wilhelm von
Auersperg und Graf Carl Zichy für Niko-
laus II., 20. Februar 1809, in : EPA, DD
1809/1285. Umbau : EPA, CD 1810/5029,
13. September 1810. 1811 veräußerte Nikolaus
II. das Gebäude an den Großhändler Ferdinand
Martin Liebmann, der es 1816 Prinz Moritz
von und zu Liechtenstein verkaufte. Nach
dessen Tod wurde es von der neuen National-
bank erworben und an seiner Stelle der Neubau
nach Plänen von Charles Moreau errichtet (vgl.
Harrer 1957, Bd. 7, S. 114).
283 Vgl. EPA, CD 1803, 3717, 15. Dezember 1803 ;
CD 1805, 870, 1147, 3307, 4172, Sommer 1805.
Ringer ist für den Neubau verantwortlich.
284 Vgl. EPA, CD 1813/1112, 26. August 1809.
285 Bis zum Vormärz begab sich der Adel, vom
mehr und mehr sich aus den Festlichkeiten und
der Öffentlichkeit zurückziehenden Regenten
ausgehend, in eine Defensivposition (vgl. Stekl
1973, S. 130f.). mächtigen Residenz werden, die auf der exponiert liegenden Bastei weithin sichtbar
gewesen wäre. Die Planungen dürften 1809, als sich Nikolaus II. besonders viel in
Pest und Buda aufhielt, vom Pester Baumeister Joseph Hofrichter gemacht worden
sein284.
Nikolaus war also von 1804 bis 1809 in der Wiener Kulturlandschaft allgegen-
wärtig, förderte und inszenierte die schönen Künste auf der Bühne, in der Kirche,
auf seinen Baustellen, bei festlichem Zeremoniell und bei seinen Bestellungen für
die Sammlungen. Er glänzte mitunter in den zahlreichen Standorten seiner fürst-
lichen Präsenz mit Häusern und Palästen an allen kaiserlichen und königlichen
Residenzen, die wie Esterházy-Botschaften waren. Er erschöpfte sich in seiner
unermüdlichen Anwesenheit in der Wiener Gesellschaft und den Machtzentren
des Reiches. Damit folgte er den alten Gesten der barocken Hofgesellschaft, die
Prestige und Rang unmittelbar an die Nähe zum Souverän knüpfte. Fast manisch
getrieben wollte Nikolaus in diesen Tagen auf jeder festlichen Veranstaltung Wiens
präsent sein und scheute keine Kosten, Mühen und Ressourcen, seine kulturelle und
gesellschaftliche Omnipräsenz zu beweisen. Damit hob er sich von seinen adeligen
Standesgenossen ab und übertrumpfte fast immer seinen kaiserlichen Souverän,
der als Sparmeister und lustfeindlicher Beamter, biedermeierlicher Familien- und
Landesvater charakterisiert wurde. Mit dessen Leutselig- und Anspruchslosigkeit
verringerten sich auch die höfischen Repräsentationspflichten des Adels auf ein
Minimum. Es mussten mittelfristig andere, selbstständige Rang- und Darstellungs-
ordnungen entstehen, die mehr und mehr in den privatgesellschaftlichen Bereich
reichten und den Adel in seiner Bedeutung und Präsenz zurückdrängten285.
Das immerwährende Gesellschaftsspiel und Prunkgehabe des Ancien Régime
führte der Esterházy-Fürst beharrlich weiter und inszenierte dieses »blendende
Theater« vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs des Alten Reiches, des priva-
Haus für Prinzessin Leopoldine Esterházy,
heute Teinfaltstraße 3, Wien, Planzeichnung
von Baumeister Franz Wipplinger nach den
Umbauplanungen von Joseph Reymund (1756–1824),
1806. Wiener Stadt- und Landesarchiv.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur