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Der Fürst wird in seinem Stand erhöht 209
288 Skall, Johann Baptist : Historische Memoires
denkwürdiger Begebenheiten am kaiserlich oester-
reichischen Hofe in den Jahren 1808, 1809 und
1810. Von einem Augenzeugen, 1. Teil (1808),
S.
16, in : ÖNB, Han, Ser. nov. 12.155.
289 Reichardt 1812, S. 357ff.
290 Standesherren mit Sitz und Virilstimme auf
der Reichsfürstenbank (folgend den Rangver-
fügungen von Kaiser Karl VI., 25. März 1728)
waren nach dem Datum der Introduktion :
Arenberg (1582), Lobkowitz (1653), Salm-Salm
(1645), Salm-Kyrburg (1654), Dietrichstein
(1654), Auersperg (1654), Fürstenberg (1664),
Schwarzen berg (1764), Liechtenstein (1712),
Thurn und Taxis (1754).
291 Liechtenstein erwarb Vaduz-Schellenberg
(1699/1712), Thurn und Taxis Friedberg-Scheer
(1787).
292 Liechtenstein war 1764 kaiserlicher Oberbe-
vollmächtigter der Krönung, Thurn und Taxis
Prinzipalkommissar des Reichstages. Leistungen nicht glänzen konnte. Vor dem Hintergrund der sich jedoch langsam
auflösenden höfischen Ranggesellschaft wurde sein Engagement daher sogar als
patriotische Tat umgedeutet : »… der reiche, prächtige Fürst Niklas Ezterházy …,
der nie zurückbleibt, wenn es um eine Landes-Angelegenheit, eine mit Opfern ver-
bundene Dienstleistung, oder die Huldigung seines Monarchen gilt.«288
Doch mehrte sich in Anbetracht des fürstlichen Lebens- und Repräsentations-
stils und unter dem Wandel der barocken Hofgesellschaft zum puristischen Bild
des »guten Kaisers Franz« auch Kritik an Nikolaus : »Er hat überall, auch in Wien,
nicht den besten Ruf. Seine tolle Ausschweifung mit Weibern und gränzenlose
Verschwendung in allem, was da hinein schlägt und zur äußeren Pracht gehört, ist
stadt- und landekundig.«289 Der Fürst ließ sich von solch bürgerlicher Kritik am
großspurigen Lebensstil nicht aufhalten, denn er wollte seinen Einfluss und Reich-
tum auch durch eine formelle Machterweiterung festigen.
6. Der Fürst wird in seinem Stand erhöht
Fürst Nikolaus II. entfaltete beim Sammeln, Residieren und Hofhalten einen Pomp
und verschwenderischen Luxus, der einem souveränen Fürsten entsprach. Sein
Engagement in Theater, Hofkapelle, Baumaßnahmen und der Entwicklung einer
Kulturlandschaft entsprachen in dieser Größenordnung zweifellos repräsentativen
Aufgaben eines Landesherrn, aber nicht von vornherein denen eines Fürsten Es-
terházy. Denn Nikolaus II. war zwar einer der an Land reichsten Privatbesitzer in
Mitteleuropa, er regierte mit fast unbegrenztem Zugriff auf die Ressourcen seiner
leibeigenen Untertanen, doch formaljuristisch war er ungarischer Grundbesitzer
und damit dem ungarischen Landrecht bzw. dem Pressburger Reichstag und den
König Ungarns unterstellt.
All seine Anstrengungen galten daher seinem Vorhaben, seinen Rang in der
Standesgesellschaft zu heben. Der Fokus war hierbei, ganz in der Tradition seines
Großvaters, auf das deutsche Reich gerichtet. Aus dem ererbten und durch Ni-
kolaus II. stetig erweiterten Geltungsbedürfnis heraus resultierte die Idee, für die
Familie Esterházy eine reichsunmittelbare Hausmacht zu erwerben.
Der Titel und Stand des reichsunmittelbaren Fürsten war die nächste Standes-
stufe, die das Haus Esterházy erklimmen konnte, um dadurch den fürstlichen Stan-
deskonkurrenten Liechtenstein oder Thurn und Taxis gleichgestellt zu werden290.
Diese hatten mit dem Erwerb von territorial und wirtschaftlich unbedeutenden,
aber reichsunmittelbaren Grafschaften291 und deren Umwandlung in Fürstentü-
mer ihre Bedeutung und ihr Ansehen als Fürsten mit Reichsstandschaft ausbauen
können, waren mit ihrer Introduktion im Reichstag zeremoniell und politisch den
Kurfürsten gleichgestellt und den regierenden Häusern Europas damit theoretisch
ebenbürtig. Fürst Nikolaus II. schloss hier an das dynastische Aufstiegskonzept
seines Großvaters an, der mit seinem Paukenschlag 1764 diese Machterweiterung
der Familie »vorgegeben« und während seiner so geschickt vorangetriebenen stän-
dischen Aufwertung engste Kontakte zu ebendiesen einflussreichen Familien ge-
knüpft hatte292. Auch die Hofhaltung des Vaters Anton, dessen Auftritt bei der
Krönung 1792 und die Hochzeit des damaligen Erbprinzen Nikolaus mit einer
Prinzessin Liechtenstein waren weitere Etappen in dieser ständischen und dynas-
tischen Aufstiegsgeschichte. In diesem Zusammenhang müssen die aufwendigen
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur