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Der Fürst wird in seinem Stand erhöht 215
304 Schon im Januar 1806 konnte die Galerie wie-
der gehängt werden (vgl. EPA, CD 1806/275,
2. Januar 1806).
305 Vgl. Rosenbaum, Karl Joseph : Tagebücher,
17. Januar 1806, in : ÖNB, Han, Ser. 198,
S.
112v f.
306 Erwähnung des Museumsbaus : DD 1809/331,
14. Januar 1809.
307 Thürheim 1913, S. 452.
308 Erst Raab, dann Erlau, dann Totis zu Graf
Nikolaus Esterházy (1775–1856).
309 Vgl. Rosenbaum, Karl Joseph : Tagebücher,
4. Mai 1809, in : ÖNB, Han, Ser. 199, S.
212r.
310 Im Palais in der Wallnerstraße quartierte sich
der Chef der Reservekavallerie Marschall Jean-
Baptiste Bessière (1768–1813), Herzog von
Istrien, ein, im Haus der Gräfin Zielinska in der
Leopoldstadt Marschall André Masséna (1758–
1817), dessen damaliger Adjutant Wilhelm von
Baden (1792–1859) berichtete, dass das Bett
der geflüchteten Mätresse des Fürsten Nikolaus
noch warm gewesen sei (vgl. Obser 1906, S.
84).
311 Vgl. Kosáry 1977.
312 Die Proklamation ist in vielfältigen Flugblatt-
drucken erhalten. Am 29. November schließlich standen Napoléons Truppen dann kurz in der Region
Forchtenstein, Kittsee und Eisenstadt, wo sie kaum Beschädigungen hinterließen.
Auch der vorsorglich verpackten Pottendorfer Galerie war nichts geschehen304, da
bereits am 28. Dezember in Pressburg Frieden geschlossen worden war und Napo-
léon abzog. Auf der Truppenparade für den zurückgekehrten kaiserlichen Hof am
17. Januar 1806 ritt auch Nikolaus II. in Generalsuniform mit305 und demonstrierte
seine monarchische Treue gegenüber Franz I., der ja die ständische Aufwertung
Nikolaus und damit des Hauses Esterházy befördert hatte. Die befürchtete Macht-
demonstration Napoléons in Wien war eher ein Schockereignis, das kaum wirkliche
Konsequenzen nach sich zog. Daher war sein »Besuch« weder eine Wende in der
Politik des Kaisers Franz noch für die Projekte Nikolaus’ II. Dieser baute nach wie
vor an seiner Kulturlandschaft und seinem Musenhof und bezog die erwähnten
Schlüsselpositionen im Wiener Kulturbetrieb.
Fünf Jahre später – die Hofhaltung des Musenhofes in Eisenstadt war auf ihrem
Höhepunkt, die ersten Bauarbeiten waren vollendet, die Kulturlandschaft wuchs ste-
tig, und gerade war der Bau des Museumsflügels am Eisenstädter Schloss begon-
nen worden306 – breitete sich im Januar 1809 die Angst vor einem neuen Einfall
Napoléons in Österreich aus : »Alles ist zu Ende, kein Ball, kein Fest, keine Freude
mehr. Der Krieg, der Krieg, man hört kein anderes Wort mehr. Man spricht nur
mehr von Abreise, Avancement, Regimentern und Armeen.«307 Am 28. Januar 1809
wurde Fürst Nikolaus II. zur Insurrektionsmusterung nach Ödenburg berufen ; wie
auch alle anderen adeligen Familie ihre Söhne unter die Fahnen des Landes sandten,
um im Fünften Koalitionskrieg (1809) Napoléons Expansionspolitik endlich Einhalt
zu gebieten. Nach den Niederlagen Erzherzog Carls im April in Bayern und der
Oberpfalz marschierten Napoléons Truppen wieder nach Wien. Dort schlossen er-
neut die Theater, verließ die kaiserliche Familie die Stadt. Mit einer Kriegsprozession
des kaiserlichen Hofes von der Augustiner- zur Michaelerkirche, bei der auch Fürst
Nikolaus II. mitritt, wurden die Arbeiten zur Belagerungsfähigmachung der Stadt
abgeschlossen und Wien am 1. Mai evakuiert. Das Kaiserpaar ging nach Ungarn308,
mit ihnen alle, die es sich leisten konnten. Am 4. Mai verließ auch Fürst Nikolaus
zusammen mit seinem Sekretär Johann Karner die Stadt, um über Eisenstadt nach
Buda zu gehen309. Nachdem die Franzosen schon neun Tage später (13. Mai) in Wien
einmarschierten, nahmen sie auch das fürstliche Majoratspalais in Beschlag310. In der
Bevölkerung entstand die Angst vor Hungersnot, Plünderungen und Requisitionen.
In diesem Klima begann Napoléon in Wien mit gezielter Propaganda in der
Wiener Zeitung den Unmut der Wiener gegen das Kaiserhaus zu schüren. Seine
Zeitungsschreiber ließen die Wiener lesen, dass das Erzhaus und der Kaiser die
Stadt und das Land im Stich gelassen hätten. Auch Ungarn versuchte der französi-
sche Stratege von seiner Bindung zum Erzhaus und Österreich zu lösen311 und ließ
überall seine Proklamation an die Ungarische Nation vom 19. Mai 1809 verbreiten :
»Ungarn ! Der Augenblick ist gekommen Eure Unabhängigkeit wieder zu erhal-
ten«, verlautbarte Napoléon und bezeichnete Franz I. als »ungetreu seinen Track-
taten« und undankbar gegenüber den so treuen Ungarn. Er gedachte der großen
Geschichte Ungarns, der ungarischen Traditionen und Sprache, rief zur Selbststän-
digkeit als Nation auf und versprach Frieden : »Seyd, was Ihr waret. Gebt Euch
einen König, der nur Eurer Wahl seine Krone verdanke, der nur für Euch regieren,
der unter Euch wohnen und von Euren Bürgern und Soldaten umringt sey.«312 In
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur