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Der Fürst schöpft neue Hoffnung 223
357 Vgl. Wiener Zeitung, Jg. 1810, 18. April 1810,
eingerichtet am 16. April als »patriotische
Gabe« vom »großmütigen Wohltäter«.
358 Im direkten Reisetrain wurde Marie Louise u. a.
von Prinz Wenzel Liechtenstein (1767–1842)
und unter den Kämmerern von Erbprinz Paul
Anton Esterházy sowie den vier kaiserlichen
Leibgarden begleitet (vgl. Hamburgischer Corres-
pondent. Morgen-Zeitung der Börsen-Halle, Jg.
1810, Nr. 49 (27. März 1810) – ausdrücklich
wird hier Prinz Paul genannt).
359 »… cela parait fou …« (Clary et Aldringen
1914, Brief 21 [28. April 1810], S.
187).
360 Vgl. ÖStA, HHStA, Staatskanzlei, Vorträge,
Karton 184, I–III, 12. März 1810 (zit. bei
Kalamár 2004, Fn. 243).
361 Vgl. EPA, CD 1810/1632, 17. März 1810.
362 Vgl. Wiener Zeitung, Jg. 1810, 28. April 1810.
363 Anwesend waren die Grafen Ludwig Wall-
moden-Gimborn, der alte Graf Metternich,
Johann-Baptist Batthyány, Louis Starhemberg,
Cavriani, Maximilian-Joseph Thurn, Schönborn
und Sinzendorf (vgl. Wiener Zeitung, Jg. 1810,
5. Mai 1810). Krieges, der ihn so sehr bei der Umsetzung seiner Ideen gebremst hatte. Als hoff-
nungsfrohe, patriotische Tat erneuerte der Fürst seinen 1797 gestifteten Fonds für
ungarische Kriegsinvalide mit 50.000 Gulden357.
Als am 13. März die Braut im Reisewagen die Stadt verließ, begleiteten sie zu
Pferde Fürst Nikolaus II., sein Sohn Paul und Schwiegersohn Moritz Liechten-
stein mit den bedeutendsten Adligen des Landes bis zur Stadtgrenze358. Als die
Erzherzogin am 16. März österreichischen Boden verließ, wurde die nunmehrige
»Französin« von Napoléons Schwester Caroline in Empfang genommen, die seit
Kurzem mit ihrem Gatten Murat auf dem Thron Neapels saß, von dem Napoléon
Marie Louises Großeltern vertrieben hatte. Zeitgenossen fanden dies zu Recht ein-
fach »verrückt«359.
Kommentare des Fürsten Nikolaus über diese absurd wirkende Hochzeit der
»verkauften Braut« sind nicht bekannt. Sie war mit dem Hassbild Napoléons als
Feind ihres Vaters und Landes aufgewachsen und ging nun den Weg Erzherzo-
gin Marie Antoinettes, mit deren Sterben als französische Königin Nikolaus als
Jugendlicher konfrontiert gewesen war. Nikolaus II. blieb 1810 wie schon 1792/93
in zeremoniellen, aber politisch und militärisch einflusslosen Positionen und passte
sich geschmeidig an die wechselhaften, widrigen Zeitenläufe und Machtverschie-
bungen Europas an.
Um seine Neugier zu befriedigen, aber wohl auch um sein glanzvolles Sendungs-
bewusstsein zu zeigen, reiste er jetzt mit der zukünftigen Kaiserin der Franzosen
nach Paris.
7.1 Der Fürst geht in Paris einkaufen
Obwohl Fürst Nikolaus II. nicht zum offiziellen Tross der Erzherzogin nach Paris
gehörte, entschloss er sich, für einige Wochen dorthin nachzufolgen360. Sehr kurz-
fristig entschieden, ging die Reise des Fürsten Anfang April in vier Wagen – also
nur mit kleinem Hofstaat – nach Frankreich361. Nikolaus wollte dabei sein, wenn
in Paris die Allianz zwischen dem Haus Habsburg mit Kaiser Napoléon geschlos-
sen wurde, der mit der Einheiratung in eine der ältesten Monarchien Europas
nun am Zenit seiner Macht stand. Es wurden glanzvolle Feste in der 1803 für
den Esterházy-Fürsten so inspirierenden französischen Hauptstadt erwartet, deren
Entwicklung er sieben Jahre kriegsbedingt nicht hatte verfolgen können. In Paris
gaben sich derweil die Herrscher Europas von Napoléons Gnaden ein Stelldichein.
König Jérôme von Westphalen, Fürst Nassau-Weilburg, Fürst Borghese, Herzog
Guastalla, der neue Großherzog von Würzburg, die Großherzogin von Toskana,
der König von Holland, der König von Neapel und der Erbgroßherzog von Baden
feierten mit ca. 2.400 Hochzeitsgästen den ganzen Mai mit Illuminationen, Tur-
nieren, Carousels, Theateraufführungen und Operninszenierungen die kaiserliche
Hochzeit362.
Auf diplomatischem Parkett wurden am 15. April auf Napoléons Empfang
in Compiègne die Begleiter der neuen Kaiserin von Botschafter Schwarzenberg
präsentiert, unter ihnen Fürst Nikolaus II. Esterházy363. Als Napoléon hierbei
den Fürsten fragte, ob er mit demjenigen verwandt sei, den er vor ein paar Jahren
getroffen habe, war das Entsetzen der österreichischen Abordnung groß, musste
doch Fürst Nikolaus erklären, dass er es selbst gewesen sei. Der Kaiser schwieg, und
Trauung der Erzherzogin Louise mit Napoléon in der
Augustinerkirche, 11. März 1811. Gemälde von Johann
Baptist Hoechle, 1813/14. Nikolaus II. steht in der
letzten Reihe ganz außen, hinter den Erzherzögen.
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur