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Der Fürst schöpft neue Hoffnung 231
Nachlass Cherubini (zitiert bei Pougin, Arthur : Cheru-
bini. Sa vie, ses œuvres, son rôle artistique, in : Le Ménestrel.
Journal de monde musical. Musique et théâtres, Jg. 48
[1882], Nr. 24, S. 189–187). Die fast vollständige Kor-
respondenz von Cherubini und Nikolaus II. vgl. Della
Croce, 1983–1984.
381 Im November 1810 berichteten dies die Gerüchte :
»Cherubini sey durch den kunstliebenden Fürsten Ester-
hazy für Wien und folglich für Deutschland überhaupt
gewonnen worden … ist etwas an diesem Gerücht ?«
(Leipziger Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 12 [1810],
Nr. 60, 21. November 1810, Sp. 967f.).
382 Nikolaus nennt ihn 1806 den »dummen Hummel« (Ni-
kolaus II. an Henriette Zielinska, 21. November 1806,
in : MOL, FAE, P134, E, Nr. 815).
383 Vgl. Brief Luigi Cherubinis an Nikolaus II., 21.
April
1813, in : OSK, Han, H-Bn AM 3191, S. 2 (»M. Che-
rubini vous voulez donc bien venir avec moi, j’en suis
enchanté … J’ai Votre parole, Vous avez la mienne, nous
sommes donc l’un à l’autre«), publiziert bei : Della Croce
1983–1984, Bd. 2, S. 79–85.
384 Vgl. EPA, CD 1814/1844, August.
385 Noisette übernahm das Geschäft seines Vaters in Paris,
das sich auf den Handel von Pflanzen, Samen, aber
auch Zeichnungen von blühenden Pflanzen aus China,
Indien, Nord- und Südamerika spezialisiert hatte und
darüber hinaus Obstbaumkunde betrieb, was er zu einer
berühmten Obstbaumsammlung mit mehreren tausend
Exemplaren ausbaute. Zusammen mit seinem Bruder
Antoine (1778–1858) war Louis-Claude Noisette zuvor
auf ausgedehnten Reisen in allen berühmten Gärten
Europas gewesen, die er auch beschrieben hatte (vgl.
Noisette 1826, Vorrede ; die frühere, französische Fassung
wurde 1825 für die Fürstliche Bibliothek erworben [vgl.
EPA, CD 1825/2564]). Vermutlich ist es Antoine Noi-
sette, der schon ab 1808 als Eisenstädter Gärtner für die
Freilandobstkulturen in St. Georgen zuständig war ; noch
1811 ist ein Noisette Hofgärtner in Eisenstadt, bevor
Antoine dann als Direktor des botanischen Gartens nach
Nantes wechselte. Nach der Abreise Nikolaus’ aus Paris
sandte Noisette seinen Katalog, in dem »alle seltenen
Pflanzen, welche er [Noisette] finden kann« (vgl. EPA,
CD 1810/4662, o. D.), verzeichnet waren.
386 Siehe den unbearbeiteten Bestand von Gewächs-
hausplänen, bez. »Paris chez Noisette« : MOL, FAE,
T2, Nr. 1331 (Grundriss), 1401, 1141 (Fenster), 2243
(Schnitt).
387 Im Mai und Juli 1810 gingen die Pflanzentransporte
unter der Begleitung des französischen Gärtners Desiré
Darras nach Eisenstadt (vgl. EPA, DD 1810/4806,
27. Juni 1810 ; 1811/4211, 6. August 1811).
388 Vgl. umfangreiche Listen der auf Anweisung von José-
phine Beauharnais aus Malmaison nach Eisenstadt ge-
lieferten Pflanzen : MOL, FAE, P163, 7cs., Fasz. XXVII,
Nr. 536.
389 Vgl. EPA, GC 1810 Handbuch : Zu Händen des Fürsten
vom 30. März bis 8. August 1810.
390 Vgl. EPA, CD 1810/4033, 22. August 1810.
391 Vgl. EPA, CD 1811/1091, 1433, 1672, 28.
Februar, 16.
März, 1. April 1811. Später folgten noch einmal 13 Kis-
ten fernöstlichen Porzellans und holländischen Liqueurs
(CD 1811/2023, 11. April 1811).
392 Vgl. EPA, CD 1811/3291, o. D. lung drängte, und bereitete seinen Umzug von Paris nach Eisenstadt für
das Frühjahr 1811 vor383.
Neben seiner Musikbegeisterung verfolgte Fürst Nikolaus in den drei
Wochen seines Paris-Aufenthaltes auch wieder seine Leidenschaft für das
Sammeln von Pflanzen und Botanik und besuchte erneut die Gärten von
Malmaison, die damals bedeutendste Pflanzensammlung Europas. Leiter
des sog. botanischen Gartens war seit 1804 der ehemalige Reisegefährte
von Alexander von Humboldt, Almé Jacques Bonpland (1773–1858), der im
Laufe seiner Reisen durch Amerika die größte Pflanzensammlung Europas
angelegt hatte und mit Nikolaus II. und dem Botanischen Garten Wien
noch später in regem Kontakt stand384. Mit ihm tauschte Nikolaus, und bei
dessen Lieferant, der botanischen Baumschule von Louis-Claude Noisette
(1772–1849)385, kaufte er für seine Eisenstädter Sammlungen.
Tausende Setzlinge von Exoten und Obstbäumen und Pläne von mo-
dernen Gewächshausanlagen wurden so386 nach Eisenstadt gesandt, um die
dortigen Sammlungen und Treibhäuser zu modernisieren387. – Nach der
Paris-Reise 1810 begann der Fürst, offensichtlich dadurch angespornt, seine
Eisenstädter Pflanzensammlungen 1810 außerordentlich zu vergrößern.
Möglicherweise fand bei seinem Besuch eine Begegnung mit Joséphine
Beau harnais statt, da auf Anweisung der Ex-Kaiserin Pflanzen aus Malmai-
son nach Eisenstadt gesandt wurden388.
Nikolaus II. scheute während der Napoléon-Hochzeit im Sommer 1810
keine Ausgaben – sei es, weil er hoffnungsfroh in die bevorstehende Friedens-
zeit blickte, sei es, weil die sich mit Napoléon arrangierende Hocharistokra-
tie ein Wiedererstarken ihrer staatlichen und gesellschaftlichen Bedeutung
erwartete, sei es, um seinen durch die kaiserliche Ignoranz gedemütigten
Namen zu rehabilitieren. Allein von März bis August beliefen sich seine
Privatausgaben auf 860.000 Gulden389 – ganz zu schweigen von Kosten,
die durch das Majorat für Kunstkäufe beglichen wurden. Dafür brachte der
Fürst seine Einkäufe von Kunstwerken, Möbeln und Pferden auf zwei Schif-
fen aus Paris nach Wien390. Noch bis zum April 1811 trafen ständig Kisten
mit Büchern, Kupferstichen und Gemälden, aber auch Porzellan, Kleidern,
Likör und Maschinen ein391.
Nikolaus II. muss 1810 – wunschgemäß – ungemeinen Wirbel in der
Stadt erzeugt und sich dennoch Achtung erworben haben. Selbst die fran-
zösische Akademie der französischen Sprache wollte ihn nun als Mitglied
aufnehmen392. Er hatte sich also recht schnell mit dem neuen politischen
System arrangiert und versuchte nun, unter den neuen gesellschaftspoliti-
schen Vorzeichen seine Kunstprojekte, die 1809 durch die Napoleonischen
Kriege zum Erliegen gekommenen Gestaltungspläne für seine Eisenstädter
Kulturlandschaft und seinen Musenhof wiederaufleben zu lassen.
7.2 Neuer Drive für den Eisenstädter Musenhof
Und Paris brachte frischen Wind in die Kulturlandschaftsbaustelle. So wa-
ren die Gärten von Malmaison in den nächsten Jahren als großes Vorbild –
wie so häufig im Sammelverhalten des Fürsten – eine sammlungstechnische
Herausforderung. Nikolaus erweiterte nach 1810 die Eisenstädter Pflanzen-
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur