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GESTALTEN WIE EIN
KÖNIG248 berg, Baron Vergé und Saxenhofen sowie Fürst,
Fürstin, Prinzessin Sophie, Prinz Max und Prinz
Fritz Thurn und Taxis (Namen und Titel über-
nommen von : Gästebuch Eisenstadt, 1812, in :
OZK, Han, Quart.-Germ. 1023).
486 Vgl. Rosenbaum, Karl Joseph : Tagebücher,
15. September 1812, in : ÖNB, Han, Ser. 200,
S. 118r : »jüdisches Geschenk des Esterházys-
chen Stammbaums von Attila Rex Hunnorum
Jahr 497. Sehr mittelmäßige Arbeit«.
487 Krämer 1828, S. 68.
488 Vgl. EPA, CD 1812/147, ab Januar 1812.
489 Vorbesitzer des Hauses 1191, ehemalige Solda-
tenquartiere an der Wasserkunstbastei : Freiherr
von Bretfeld, und des Hauses 991 : Karl Gut-
herz, Kauf am 7. März 1812, damalige Kon-
skriptionsnummer 1035/36, heute Seilerstätte
19, 1010 Wien. Es wurde Marie Louise Plai-
deux von Nikolaus überschrieben (vgl. Plaideux
Erhebung, polizeiliche Auskünfte, in : ÖStA,
AVA, Polizeihofstelle, 1813/3789 [21. Oktober
1813]).
490 Vgl. EPA, CD 1812/3646, 15. August 1812.
491 Ablösung Gartenmöbel (vgl. EPA, CD
1812/2531, 1. Juni 1812), Gartenbepflanzung
von Anton Niemeyer (vgl. EPA, CD 1812/5480,
7. Dezember 1812).
492 Konskriptionsnummer Innere Stadt 1176,
später Palais Kaunitz-Eskeles. Vgl. EPA CD
1812/995, 1279, 1469, 2085, 3429, 3629, 3691,
4068, Februar bis September 1812 (Akten über
Angebot, Möbel, kleinere Umbauten).
493 Insolvenz Nikolaus’ II., Aufnahme beim
Publikum, in : ÖStA, AVA, Polizeihofstelle,
1813/48/d (7. März 1813).
494 Shelley 1912, S. 294 (September 1816).
Werkskanal, und die jüdische Gemeinde schenkte ihnen einen silbernen Stamm-
baum486. Es folgten Manöver, Empfänge, Jagden, Bälle, optische Vorführungen, un-
garische Tänze, die aus Paris importierte Oper Aschenbrödel und Konzerte der Hof-
musik. Nach diesen ausschweifenden Tagen in Eisenstadt ging die Familie Thurn
und Taxis nach Wien »und erlebte dort im Kreise des fürstlichen Hauses Esterhazy
frohe unvergeßliche Tage«487.
Für das junge Paar richtete Nikolaus II. ab Januar 1812 Appartements im zweiten
Obergeschoss des Wiener Palais ein488, um den dynastischen Nachwuchs standes-
gemäß unterzubringen. Aber auch für seine Mätressen sorgte Nikolaus II. in diesem
Sommer noch einmal umfassend. So kaufte er der erneut schwangeren Plaideux
ein Haus auf der Wiener Seilerstätte489, das er umbauen ließ490. Er richtete sein
Landhaus im Wiener Vorort Oberdöbling491 und das gerade erworbene ehemalige
Dietrichstein-Palais in der Wiener Dorotheergasse492 für andere Geliebte ein. Die
Polizeihofstelle ätzte daraufhin scharf wie nie : »[M]an hört, … der Fürst Esterhazy
habe 62 Maitressen in Pensions Stand und 2 in effectiver Dienstleistung«493, und
die Öffentlichkeit befand : »The Prince is a perfect Sultan, and possesses ten or
twelve houses, inhabited by different ladies, who share his favours and diminish his
faculties.«494
Noch einmal hatte Fürst Nikolaus II. 1812 alles aufgeboten, was seinem seit
Jahrhunderten aufgebauten Familiencredo und der Würde eines fürstlichen Hauses
entsprach. Mit der Einheiratung in die höchsten Kreise der deutschen Aristokratie
konnte er seine außerordentliche Geltungsmacht darstellen, die nach seiner Über-
zeugung und Erziehung zum sozialisierten Prestigegewinn gehörte.
Bei der Finanzierung seines repräsentativen Glanzes, der ihn bis hierher ge-
führt hatte, half ihm bisher die Randlage Ungarns, das vom Krieg Österreichs mit
Frankreich profitiert hatte. Während das Kaiserreich an den militärischen und wirt-
schaftlichen Belastungen der Koalitionskriege litt, hatten besonders die Grenzregi-
onen – in denen die Esterházy-Herrschaften lagen – das Heer mit Lebensmitteln
versorgen können. Die englische Kontinentalsperre erhöhte die Nachfrage nach
Schafwolle, die Nikolaus als größter Produzent lieferte und die jetzt fast zwei Fünf-
tel der ungarischen Exporte ausmachte. So waren große Gewinne in die Majorats-
kassen geflossen, die Nikolaus für seine stetig wachsende Kunstausgaben zu nutzen
wusste und die ihn eine außerordentliche Machtposition einnehmen ließen.
1811 jedoch wirkte sich die durch die Kriegsbelastungen eingetretene österrei-
chische Finanzkrise durch die königliche Verordnung auch auf Ungarn und auf das Darstellung des geplanten Schlosses Eisenstadt,
Temperamalerei von Franz Engel (1776–1827), 1812.
Präsentiert anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten
in Eisenstadt, 1812. Esterházy Privatstiftung, Schloss
Eisenstadt.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur