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Der Fürst ist krisengeschüttelt 253
523 Vgl. Johann Karner an Nikolaus II., 4. August
1813, in MOL, FAE, P162, Fasz. 55, Nr. 1267.
524 Die Reichstags-Deputierten von Széchényi und
Esterházy wehrten sich im August 1813, die
Armierungsanstalten des Kaisers umzusetzen.
Das Truppenkontingent wurde daraufhin auf
60.000 Köpfe herabgesetzt (vgl. Gegner Sub-
sidienordnung Nikolaus II., in : ÖStA, AVA,
Polizeihofstelle, 1813/48/mm, 15. August 1813).
525 Reiseerlaubnis der Gesandtschaft in Neapel
für den Fürsten vom 23. September 1813, in :
Plaideux-Erhebung, polizeiliche Auskünfte,
in : ÖStA, AVA, Polizeihofstelle, 1813/3789,
28. Oktober 1813.
526 Vgl. EPA, CD 1813/2567, 2645, 2646, 2730,
August.
527 Seit 1802 war Fürst Nikolaus II. Inhaber des
Regiments, das schon 1805 und 1809 gegen
Napoléons Truppen gefochten hatte.
528 Zeugnis über die Rettung der Leibfahne durch
Franz Rigó, 25. Mai 1832, in : MOL, FAE,
P163, Fasz. 42, Nr.
833. Vgl. Amt der Burgen-
ländischen Landesregierung 1993, Kat.-Nr.
XXI/8, S. 267.
529 Vgl. EPA, CD 1813/3176, 4. November 1813.
530 Vgl. EPA, CD 1813/1706, April. Eine »gewisse
Person« musste zuvor aus dem Haus vertrieben
werden. Für den Plaideux-Aufenthalt wurde
die Dienerschaft neu eingekleidet (vgl. EPA,
CD 1813/860). Überschreibung : EPA, CD
1814/111.
531 Vgl. Nikolaus’ II. Bittgesuch an den Kaiser,
16. Februar 1814, in : MOL, FAE, P136, 1cs, A,
Nr. 140. Nikolaus II. ließ von Italien aus jedoch im Reichstag gegen eine ungarische Gene-
ralmobilmachung stimmen und verwahrte sich gegen die geforderte Aufstellung
einer Esterházy-Division523. Wieder ließ der Kaiser daraufhin den Reichstag auf-
heben und bestimmte kurzerhand die Werbung von 60.000 ungarischen Rekruten,
zu denen auch ein von Esterházy ausgestattetes Insurrektionsregiment gehörte524.
Den Fürsten selbst beorderte Franz I. von Italien zurück nach Wien525.
Hier konnte Nikolaus, getrieben von den politischen Ereignissen, nun schon
zum dritten Mal die Evakuierung der Sammlungen anweisen. Fünfzig Wagen der
besten Bilder aus der Laxenburger Galerie, zahlreiche Bücher und fast alle Kup-
ferstiche aus dem Wiener Gardepalais, Mineralien aus dem dortigen Roten Haus,
Gewehre aus dem Schloss Eisenstadt, die gesamte Silberkammer aus dem Wiener
Majoratspalais, Schatzkammerobjekte, Archivalien und Waffen von Burg Forch-
tenstein, selbst Kanonen und Weine des Hofstaatskellers wurden verpackt und auf
ein Schiff nach Pressburg gebracht, von wo sie nach Buda und Pest sowie Levenz
evakuiert werden sollten526.
Doch der Befreiungskrieg weitete sich nicht bis nach Wien oder Ungarn aus,
denn Napoléons kriegsmüde und in Russland stark dezimierte Truppen wurden
im Oktober 1813 bei Leipzig geschlagen, wo auch das Nikolaus II. (titularisch)
unterstehende ungarische Linieninfanterieregiment Nr. 32 siegreich an der Völker-
schlacht teilnahm527. Der Fürst selbst freilich war lediglich dessen Finanzier und
dürfte von den Kämpfen von 16. bis 19. Oktober 1813 erst nachträglich erfahren
haben. Die dabei vom Ersten Bataillon des Esterházy-Regiments aus den feindli-
chen Reihen zurückgeholte Leibfahne sollte jedoch später als stolzes Ruhmeszei-
chen des alliierten Sieges in die Forchtensteiner Schatzkammer gebracht werden528.
Hiermit schrieb sich Nikolaus II. nachträglich die Beteiligung an der Befreiung
Europas von Napoléon in sein Stammbuch und erwies sich einmal mehr als oppor-
tunistisch gegenüber den Machtverhältnissen.
Als im November 1813 die Esterházy-Sammlungen nach Wien zurückkehrten529,
trieb die vereinigte Koalitionsarmee Napoléon nach Westen, der in die französische
Hauptstadt flüchtete. Das dortige Esterházy-Haus schien nun nicht mehr von Be-
deutung und wurde an Marie Louise Plaideux verschenkt, die hier seit April 1813
während der Genesungsreise Nikolaus’ Zuflucht mit ihrer zweiten Tochter, Virginie
(geb. Dezember 1812), gefunden hatte530. Mit ihnen wollte der Fürst laut Bittge-
such an den Kaiser seine unterbrochene Italienreise fortsetzen531, kurz nachdem die
alliierten Truppen am 1. Januar 1814 den Rhein überschritten hatten und auf Paris
marschierten. Die Reise wurde nicht genehmigt. Am 2. April 1814 war der Kaiser
Fragment der durch Esterházy-Truppen
zurückeroberten kaiserlichen Leibfahne aus
der Leipziger Völkerschlacht im Oktober 1813.
Von Nikolaus II. als Erinnerungsstück an die
Heldenleistung seiner Truppe in die fürstliche
Schatzkammer überwiesen. Esterházy
Privatstiftung, Burg Forchtenstein, Zeughaus- und
Waffensammlung.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur