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Sonne statt Wiener Kongress 267
53 Wiener Zeitung, Jg. 1815, 12. April 1815.
54 Nikolaus II. an Johann Karner, Mailand, 8. April
1815, in : MOL, FAE, P163, Fasz. 55, Nr.
1267.
55 Nikolaus II. an Johann Karner, Nervi, 18. Februar
1815, in : MOL, FAE, P163, Fasz. 55, Nr.
1167.
56 Vgl. Rechnung von Franz Bühlmayer, 24. Mai
1815, ehem. in : EPA, CD 1815/3037, zit. in :
Meller 1915, Quellenteil : Nr. 366. Vgl. Hard-
meier 1835. Bilder heute verschollen.
57 Vgl. EPA, DD 1815/3004, 3. Juli 1815 : »als
dieser den Fürsten in Eisenstadt besuchte«. Der
über Thurn und Taxis nun zum Familienkreis
zählende König blieb bis zum 9. Mai (vgl. Gäs-
tebuch Eisenstadt, 1815, in : OSK, Han, Quart.-
Germ. 1023). zusammentraf. Sie sollten König Murat, der sofort in den Kirchenstaat einmar-
schiert war, »mit der gebührenden Rüge«53 des Kaisers in die Schranken weisen.
Dies gefiel Nikolaus, der bleiben wollte, wenn »interessante Klopferyen vor sich
gehen, da Murat schon eines auf daß Dach bekommen hat«54. Doch Murat wurde
schnell aufgerieben, und Nikolaus reiste weiter, während in Paris Napoléon ver-
suchte, seinen Hof und seine Macht erneut zu errichten. Daraufhin brachte ganz
Europa seine Heere in Stellung.
Doch statt abzuwarten, schickte Nikolaus nun auch den Rest seines Reisetrosses
nach Wien zurück, um allein in die stille Bergwelt der Schweizer Alpen zu reisen,
»wo die überflüssigen Leute ungelegen sind«55, wie er schrieb. Hier ging der Fürst
allein in den mächtigen Gebirgswelten spazieren, zelebrierte neue Privatheit und
suchte in Konstanz am Bodensee beim Maler Johann Jacob Biedermann (1763–
1830) kleine Alpenveduten aus56, bis ihn die politischen Ereignisse schließlich doch
zur Rückkehr brachten. Am 20. April traf er in Wien ein, ging alsbald nach Eisen-
stadt, wo er am 9. Mai Friedrich Wilhelm III. empfing57. Als am 18.
Juni Napoléon
in der Schlacht bei Waterloo von den verbündeten europäischen Heeren vernich-
tend geschlagen wurde, war Nikolaus meist in Eisenstadt und nicht dabei, als der
Kongress in seine Schlussphase ging. Erst als Napoléon geschlagen, verbannt und
der Kongress beendet war, kehrte der Fürst zurück nach Wien, fast als ob nichts
geschehen wäre.
Der Kongress, an dem Nikolaus unter gar keinen Umständen teilnehmen wollte
und bei dem erstmals der Sohn den Vater überstrahlt hatte, brachte die Wiederin-
stallation der aristokratischen Mächte Europas. Preußen wurde gestärkt, Kongress-
polen geschaffen, die Stellung des österreichischen Kaisers gefestigt und sein Reich
um Salzburg, Norditalien und Galizien arrondiert. Die Restauration der Königrei-
che in Spanien und Neapel brachte die alten Machthaber wieder auf den Thron, die
mit brutaler Härte und erzkonservativ regieren und mit den Reformen der napo-
leonischen Ära gründlich aufräumen sollten. In Neapel wurde Murat von seinem
reinstallierten Vorgänger erschossen.
Entgegen den Hoffnungen der bürgerlichen Nationalbewegung, die vom Kon-
gress den Abbau der absoluten Herrschaft der Fürsten und die politische Einheit
der Völker Europas erwartete, schlossen sich diese in der »Heiligen Allianz« zusam-
men, um sich Beistand gegen bürgerliche Emanzipation oder andere Bedrohungen
ihrer monarchischen Macht zu leisten, wenngleich auch politische Zugeständnisse
an zaghaften Konstitutionalismus und die Aussicht auf eine Verfassung gemacht
wurden. Mit dem Zweiten Pariser Frieden vom 20. November 1815 sollte endgültig
ein großes Kriegskapitel Europas enden und eine Ordnung beschlossen werden, die
ständische Macht in traditionellen Regierungs- und Verwaltungsstrukturen kon-
servierte, restaurierte und dabei versuchte, patriotische bzw. nationale Tendenzen
zu unterdrücken.
1.3 Neue Hoffnung und ewige Leidenschaft
Ausgeruht von seinem Rückzug und beruhigt, dass mit der Restauration der Stan-
deswelt »alles beim Alten« bliebe, ging Nikolaus II. im Spätsommer 1816 nach
London, wo sein Sohn Paul Anton als Botschafter des österreichischen Kaiserrei-
ches eingeführt wurde.
Fürstin Maria Hermenegilde Liechtenstein-Esterházy,
Steindruck von Simon, Wien, 1821. Esterházy
Privatstiftung, Schloss Eisenstadt, Grafische
Sammlung.
Linke Seite:
Prinzessin Leopoldine Esterházy-Liechtenstein
mit ihrer Tochter Eleonora (1812–1873), Gemälde
von Johann Baptist Lampi (1751–1830), um 1814.
Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein,
Wien – Vaduz.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur