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Auf Italienreisen : Kunst statt Verantwortung 269
tert, auf die bis 1818 ein Neubau gestellt wurde
(vgl. EPA, CD 1817/4620 ; Bauantrag von Marie
Louise Plaideux, 19. April 1817, in : StLaAW,
Bauakt EZ8429/1817 ; Baukonsens der Häu-
ser 1272 und 1273 auf der Wasserkunstbastei,
9. März 1817, in : StLaAW, A1.1.2.A33 (alt),
Alte Bauconsense 1817/8429). 1825 Aufsto-
ckung nach Plänen von Stadtbaumeister Joseph
Reymund (Genehmigungsbescheid, 26. Juli
1825, in : StLaAW, 1.1.2A33 (alt), Alte Baucon-
sense Nr. 1825/11606 ; vgl. EPA, CD 1825/2582,
30. Juni 1825). Zur Ausstattung des Hauses vgl.
EPA, DD 1817/4620, 21. August 1817 ; CD
1818/1227–1229, März ; CD 1819/1432, 1792,
3477. Die fürstliche Galerie gab immer wieder
Gemälde in den Plaideux-Haushalt ab, wie
z. B. die Heilige Familie von Longhi, italienische
Zeichnungen von Wutky, Tabakbauern von
Ostade, Venedigansichten von Canaletto, Diana
im Bade von Paul Bril, Götter im Olymp von
Zucchero, Kinderstube von Creuze, Heiliger von Il
Garofalo sowie Bilder von Carlo Dolci, Wilhelm
Kobell, Claude Lorrain, Guido Reni, Lucas van
Uden (vgl. Schätzung des Inventars des Hauses
der Plaideux auf der Seilerstätte in Wien, 21.
April 1835, in : StLaAW, 1.2.3.2.A2-Fasz. 2 –
Magistrat Zivilgericht, Verlassenschaftsabhand-
lungen1835/135 ; siehe auch : Inventar-Rechnung
10, Bildergalerie Wien, 1820, Abwachs, in : EPA,
Inventarrechnungen).
70 Széchényi 1926, S. 259 (14. März 1822).
71 Széchényi 1926, S. 120 (25. Januar 1821).
72 Friedrich Wilhelm III. 1796, zit. in : Stock 1929,
S. 75.
73 »… je suis de la nature des hirondoles« (Niko-
laus II. an Henriette Zielinska, 30. März 1808,
in : MOL, FAE, P134, E, Nr. 840).
74 Nikolaus II. an Johann Karner, Florenz, 25.
No-
vember 1816, in : MOL, FAE, P163, Fasz. 55,
Nr. 1267 (Nr. 1). strahlte dabei im alten Glanz, den Nikolaus aufgebaut hatte. Erbprinz Paul An-
ton avancierte im öffentlichen Bild zum aufgehenden Stern der österreichischen
Außenpolitik mit den »gutbürgerlichen« Eigenschaften Geradlinigkeit, Moral und
Patriotismus. Die Majoratsfinanzkrise schien auch mit seiner jugendlichen Energie
und Einsatzbereitschaft bewältigt, da der königlich-ambitionierte Hofstaat seines
Vaters abgeschafft und die Pläne der Eisenstädter Kulturlandschaft und des Mu-
senhofes aufgegeben worden waren. Der nötige Wandlungsprozess schien sich wie
von selbst abzuzeichnen.
Nikolaus sah sicherlich resignierend keine Notwendigkeit zu tätigem Handeln
oder energischer Intervention, wenngleich er Zeitströmungen latent auch in sein
Leben aufnahm.
Lieber zog sich der Fürst mit seiner Plaideux-Familie aus der Öffentlichkeit
zurück und wandelte nicht nur sein Kunstfördern hin zu einem scheinbar offeneren,
liberaleren Konzept, sondern lebte eine teilweise bürgerlich anmutende Idylle : Die
»gute Frau« kochte, fungierte als »Türhüter« des kleinen Freundeskreises, den ihr
Lebensgefährte mit ihr im Haus an der Seilerstätte empfing.
Doch dieser Zugang zu Privatheit war ebenso modebeflissen und spielerisch wie
der Ausbau der Sammlungen im Mariahilfer Palais zu einem »liberalen Museum«.
Denn hier gab er sich gegenüber den vorherigen gigantischen Museumsideen zwar
bescheiden, ließ das Haus für die bildsame Bevölkerung öffnen und die Sammlung
nach modernen Grundsätzen zusammenstellen, doch im Ausbau der liberalen Mu-
seumskonzeption sollte Nikolaus der alte Gigantomane bleiben. Denn um seine
Kollektionen nach den modernsten Museumsideen zu präsentieren, sollten »der
antike Marmor, geschnittene Steine, und Münzen, als auch Gemälde vorzüglicher
Meister und Schulen in ein Museum und Gallerie, und zwar in der Hauptstadt
selbst«72, zusammengestellt werden, wie es in der Programmschrift des zu gründen-
den Berliner königlichen Museums hieß. Aloys Hirt wollte im Museum Lehrob-
jekte des Kunstschönen zusammenzubringen, an denen die Bürger die Veredelung
des Geschmacks studieren, vergleichen und lernen könnten. Dieser Idee verpflich-
tet, fehlte jedoch in Nikolaus’ Galerie der in die österreichische Hauptstadt trans-
ferierten Sammlungen eine entscheidende Kunstgattung, die Plastik, die gerade in
diesen Jahren zu einer europäischen Modeerscheinung avancieren sollte.
Die seit 1816 beginnenden Italienreisen mit seiner Zweitfamilie sollten dem
Manko der »fehlenden Gattung« abhelfen und Nikolaus’ alte Leidenschaften nach
Sonne und Kunst befriedigen, die er, keine Kosten scheuend, vorantreiben und da-
mit wiederum Erstaunliches vollbringen sollte.
2. Auf Italienreisen : Kunst statt Verantwortung
Seit seinen ersten Italienreisen, auf denen er mit großer Begeisterung seine Kunst-
sammlungen begründet hatte, sehnte sich Nikolaus auch in den Jahren des Eisen-
städter Projektes immer wieder nach dem Land, in dem er so glücklich war, zurück.
Er habe die Natur der Schwalben73, schrieb er in einem sehr privaten Brief, und
wollte schon während der Koalitionskriege seine Tage lieber in Italien verbringen.
Jetzt im lang ersehnten Frieden war es erstmals möglich, den Jahreswechsel im
Süden zu verbringen, sich »in Neapel … auf[zu]wärmen, denn mir ist schon kalt
unter der Haut«74.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur