Seite - 283 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
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Auf Italienreisen : Kunst statt Verantwortung 283
115 Nikolaus II. an Johann Karner, Salzburg, 12. Juli
1818, in : MOL, FAE, P163, Fasz. 55, Nr. 1267.
116 Nikolaus II. an Antonio Canova, Lausanne,
28. Juli 1818, in : Museo Civico Bassano, Man.
Canov. 3, LIX-21/849, zit. in : Schemper-Spar-
holz 1997, Quelle Nr.
12.
117 Vgl. Nikolaus II. an Johann Karner, Genf,
5. September 1818, in : MOL, FAE, P163, Fasz.
38, Nr. 705.
118 Vgl. Gumprecht 2009.
119 Pisani bestätigen Erhalt Geld für Skulpturen
und Alabastervasen, 26. Dezember 1818, in :
EPA, CD 1819/328. Sie wurden aber erst
im März 1819 losgeschickt (vgl. EPA, CD
1819/426, 948,1038, Februar–März 1819).
120 Vgl. Nikolaus II. an Johann Karner, Florenz,
7. September 1818, in : MOL, FAE, P163, Fasz.
55, Nr. 1267.
121 Er ließ sich während dieser Reise von Nassi
(vgl. EPA, CD 1819/1463, 4. Mai 1819), einem
»protegirten teutschen Künstler« (Baron von
Schell an Nikolaus II., Dezember 1819, in :
MOL, FAE, P163, Fasz. 15, Nr. 366), porträtie-
ren. Das Bild war später im Nachlass der Mut-
ter, Maria Hermenegilde, in Schloss Hütteldorf.
122 Vgl. ehem. EPA, CD 1819/3838, 6. Oktober
1819, zit. in : Meller 1915, Quellenteil : Nr. 443.
Da der Fürst im Oktober aus Wien an die Fer-
tigstellung erinnerte, muss das Bild im Frühjahr
1819 beauftragt worden sein. Tambroni wickelte
den Auftrag ab und sandte im November 1821
das Gemälde von Agricola nach Wien und
wurde gefragt, wie es um die bestellten Arbeiten
von Thorvaldsen (Amor und Tänzerin) stünde
(vgl. EPA, CD 1821/990, 4. November 1820).
Ankunft des Bildes in Wien 1821, vgl. Inventar-
Rechnung, Bildergalerie Wien, 1821, Zuwachs,
Nr. 2, 31. Mai 1821, in : EPA, Inventarrechnun-
gen.
123 Vgl. Garas 1999, S. 129, Fn. 38, die es 1811 in
der veräußerten Sammlung des Palazzo Riccardi
in Florenz verortet. Im Oktober 1819 wurden
die 20 von Chiaro stammenden Gemälde in
die Galerie übertragen (vgl. ehem. EPA, CD
1819/3868, 12. Oktober 1819, zit. in : Meller
1915, Quellenteil : Nr. 445). Die Bellotto
(heute Museum der Schönen Künste Budapest,
Gemäldegalerie, 654, 647) tauchten erstmals
1820 als Architekturstücke im Inventar auf, als
sie (kurzzeitig) aus dem Inventar genommen
wurden (vgl. Inventar-Rechnung, Bildergalerie
Wien, 1820, Beilage, 7. Mai 1819, in : EPA,
Inventarrechnungen).
124 Vgl. Nikolaus II. an Cajetano Tambroni, 9. No-
vember 1819, ehem. in : EPA, CS 1819, 4600,
zit. in : Meller 1915, Quellenteil : Nr. 447. Indem er sich ausschließlich den Künsten widmete und seine Sammlungen für
das aufkommende Bürgertum öffnete, gab er sich scheinbar liberal gegenüber den
bürgerlichen Forderungen. Tatsächlich konnte er seiner Passion frönen und alte
Prestigemechanismen in der allgemeinen Wahrnehmung positiv wenden. An Welt-
verbesserung oder Bildungsaufbruch dachte er hierbei jedoch genauso wenig wie an
die Majoratsfinanzen und die Majoratsverwaltung, um die er sich in seiner monate-
langen Abwesenheit kaum kümmern konnte. Er reagierte schnell auf künstlerische
»Moden« und nahm die gesellschaftliche Wandlung durchaus wahr. Doch die Di-
mension der gesellschaftspolitischen Entwicklung verdrängte er weitgehend. Mög-
licherweise unterschätzt er sie in seinem Standesdünkel. Im Elfenbeinturm seiner
Kunstambitionen verhaftet, gehörte von nun an seine volle Aufmerksamkeit dem
Ausbau des Mariahilfer Palais und den Sammlungen, wofür er schon bald wieder
nach Italien reisen wollte, um zu bestellen und zu kaufen.
2.2 1818/19 und 1819/20 : Vollendung der Skulpturensammlung
Am 6. Juni 1818 brach der Fürst zu einer neuerlichen Reise nach Italien auf, die fast
ein Dreivierteljahr dauern und damit die längste Abwesenheit von seinen ungelieb-
ten Majoratsaufgaben sein sollte.
Mit Marie Louise Plaideux reiste er im Juli durch das Salzburger Land und
schwärmte : »[W]ir sind durch ein prächtiges Land gefahren.«115 Von Lausanne
schrieb er wenig später in außergewöhnlich kritischen Zeilen an den »großen« An-
tonio Canova, dass er erzürnt über die im Frühsommer in Wien angekommene
Leopoldinen-Skulptur sei. Ihn störten die Flecken und der zu große Kopf, weswe-
gen er auf eine Entschädigung bestand und seinen Besuch in Rom ankündigte116.
Wieder voll der alten spielerischen Neugierde an Innovationen auch in der Land-
wirtschaft bewunderte Nikolaus auf seiner Reise durch die Schweiz im September
die starken Genfer Kühe, die schon Schwager Johann Liechtenstein nach Mähren
importiert hatte117. Drei Tage später wurde mit einem heimischen Viehhändler ein
Vertrag geschlossen. Dieser sollte eine Herde der besten Kühe mit einem Stier zu-
sammenstellen und nach Eisenstadt bringen118.
Von Ende September 1818 bis Januar 1819 hielt sich Nikolaus mit Gefolge wie-
der in Florenz auf. Hier besichtigte er die fast fertige Pisani-Bestellung und gab das
Honorar für die Skulpturen frei119. Auf einer kleinen Reise nach Rom traf Nikolaus
seinen inzwischen fast zwanzigjährigen Sohn Prinz Nickerl, der mit seinem Er-
zieher auf Kurreise nach Süditalien war120. Neben dessen Porträt121 entstand, von
Nikolaus selbst beauftragt, in Rom das große Gemälde einer Heiligen Familien von
Filippo Agricola (1776–1857), der, an den klassischen Idealen Christoph Unter-
bergers geschult, ganz den Geschmack des Fürsten traf 122. Beim Händler Carlo di
Chiaro kaufte der Fürst zwanzig Gemälde, darunter Bellotto-Veduten aus ehemali-
gem Florentiner Besitz123. Tambroni versuchte, die Zeichnungssammlung Bracchi
an den Fürsten zu vermitteln124.
Neben diesen recht vielgestaltigen Aktivitäten, von alten Meistern zur Kuhherde,
frönte der Fürst jedoch in erster Linie seiner neuen Lieblingspassion, dem Bestellen
von Skulpturen.
So beauftragte er im Dezember 1818 erneut im Atelier von Ridolfo Schadow
in Rom die Skulptur des Mädchens mit dem Taubennest, mit deren Modellierung
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur