Seite - 348 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
Bild der Seite - 348 -
Text der Seite - 348 -
AM
ENDE348 29 Vgl. Nikolaus II. fährt Spazieren, 14. Juni 1828,
in : ÖStA, AVA, Polizeihofstelle, 1828/5012.
30 Vgl. Stekl 1973, S. 121, der dies am Beispiel der
Liechtenstein und Schwarzenberg darstellte.
31 Es ging im großen Prozess gegen Kaunitz, den
der Kaiser nach langem Zögern zuließ, um
hundertfache pathologische Pädophilie, bei der
auch Nikolaus II. als Förderer junger Mädchen
genannt wurde. Kaunitz sagte aus : »Im Verlauf
des Frühjahres 1821 entdeckte mir Jeanette
[Posty, angeblich 14 Jahre] … daß sie von dem
Gobeau [ein Kuppler] zum Fürsten Esterházy
geführt, und von selben entjungfert worden
sey, wobey sie von einem Geschenke … sprach,
die ihr der Fürst Esterházy gegeben habe.«
(Schachtel II, Verhörband, Nr.
48, in : StLaAW,
Kriminalgerichtsakten, 1.2.3.3.A1, 1822). Auch
vom Verhältnis Nikolaus’ zu Lisette Tomasini,
eine seiner Chorsängerinnen, wird berichtet. In
Bezug auf Nikolaus II. erklärte Kaunitz in sei-
nem Schlussplädoyer, bloß Bauernopfer zu sein :
»Bin ich denn der einzige meiner Mitbürger,
meiner fürstl. Standesgenossen, um so schwer
Strafe zu leiden, weil ich mir zukuppeln ließ, wie
so viele thun ? … Von allen Seiten gewarnt, wäre
es mir leicht gewesen, mich der gegenwärtigen
Untersuchung, ehe sie anfing, zu entziehen. Ich
brauchte nur mich nach Ungarn zu begeben,
wo ich Magnat bin, und Rechte und nicht bloß
Pflichten habe …« (Prot. 404, Schlussplädoyer
Kaunitz’). Hiermit dürfte Nikolaus II. gemeint
gewesen sein. Vgl. Gugitz 1956, S.
11–12. Und
wirklich scheint es so, also ob der Kaiser mit dem
Prozess gegen Kaunitz ein Tribunal gegen den
Sittenverfall des Adels statuieren wollte.
32 Vgl. Beschluss des Finanzministeriums des
Großherzogtums Baden, 22. November 1820,
GLA233,187, Baden Mainau. Auch der Fürst
von Thurn und Taxis hatte einen Kaufantrag
gestellt. 1822 wurde die Insel wieder öffentlich
zum Verkauf angeboten.
33 Vgl. Entscheid des Finanzministeriums, 27. De-
zember 1827, in : GLA, 233/18739 (Baden
Mainau).
34 Zum zweiten Kreditversuch Metternichs
1827/28 (vgl. MOL, FAE, P163, Fasz. 1, Nr. 2 ;
Fasz. 2, Nr. 24, 25). Schon im Mai 1827 war
ein neuer Kredit »unausweichlich« (Nikolaus II.
an Paul Anton, 2. Mai 1827, in : MOL, FAE,
P134, H, 5cs, I/h, Beilage 3). Um seinen Willen
Als Nikolaus dann auch noch mit seiner Zweitfamilie in der offenen Kutsche durch
den Garten von Schönbrunn fuhr, um – trotz Majestätsbefehl – nach Hacking zu
gelangen, stellte ihn Kaiser Franz persönlich im Sommer 1827 wegen seines »die
Sittlichkeit und alles Decorum verletzenden Betragens«29 unter strenge Beobach-
tung. Es war die Konsequenz einer ungewöhnlichen Opposition zum Kaiser, die
1811 mit seiner nicht gegebenen Zustimmung zu den kaiserlichen Finanzpatenten
begonnen hatte und von der Öffentlichkeit als Unloyalität gegenüber dem Souve-
rän wahrgenommen wurde. Hierin unterschied sich Nikolaus von weiten Kreisen
der österreichischen Hocharistokratie, die bei allen ständischen, finanziellen und
Geltungsproblemen immer unerschütterlich loyal zum Kaiserhaus standen, seine
Nähe und das Gefallen suchten30.
Da Nikolaus schon 1822 im Rahmen des Notzuchtprozesses gegen Fürst Aloys
Kaunitz in unrühmlicher Weise genannt worden war31, schien der erstaunlich un-
vorsichtige Fürst nun gut beraten, schnell die Flucht anzutreten, um dem öffentli-
chen Klatsch und Unmut zu entfliehen.
1.2 Insel Mainau
Nur der dauerhafte Rückzug des Fürsten konnte ihn und sein Anstoß erregen-
des Familienleben jetzt noch vor weiterer Kritik bewahren. Zudem erschien eine
über Nikolaus’ Tod hinausreichende Versorgung der drei Plaideux-Kinder notwen-
dig, denn die finanziellen wie körperlichen Kräfte des Sechsundsechzigjährigen
schwanden. Außerhalb des Einflussbereiches des kritisch-aufmerksamen Kaisers
und seines Überwachungsstaates, möglichst nahe dem geliebten Italien und ver-
bunden mit der Möglichkeit, seine Plaideux-Familie in den Adelsstand zu erheben,
erwarb Fürst Nikolaus kurz nach Weihnachten 1827 daher die Insel Mainau im
Bodensee im Großherzogtum Baden. Ansicht des Esterházy-Gartenhauses im Wiener
Prater, sog. Hütte 23, aus den Veduten des
sogenannten Vedutenzimmers im Appartement
des Nordwestturmes des Eisenstädter Schlosses,
Fresco- und Seccomalerei, Umkreis Lorenzo Sacchetti
(1759–1834), 1825 und 1826. Fotografie von Manfred
Horvath, 2010.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur