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Aus dem Schussfeld der Kritik auf die einsame Insel 349
durchzusetzen, erpresste ihn der Vater mit dem
Vorwurf fehlenden Vertrauens (vgl. Nikolaus II.
an Paul Anton, 6. Oktober 1827, in : MOL, FAE,
P134, H, 5cs, I/h, Beilage 7), worauf dieser am
1. November 1827 einlenkte und seine Zustim-
mung zur Verpfändung der Wollabsatzverträge
1829–1833 an den Großhändler Biedermann
gab (vgl. Paul Anton an Nikolaus II., 1. No-
vember 1827, in : MOL, FAE, P163, Fasz. 2,
Nr. 21), obwohl er diesen gering schätzte (vgl.
Paul Anton an Nikolaus II., 15. Dezember 1827,
in MOL, FAE, Fasz. 1, Nr.
2) und Metternich
gegen den Vertrag war (vgl. Clemens Metternich
an Ritter Georg von Sina, 29. November 1827,
in : MOL, FAE, P134, H, 5cs, I/h). Paul Anton
veröffentliche daraufhin Teile aus der Verein-
barung mit Biedermann, was den größten Zorn
des »indignierten Vaters« auslöste : »Das ist das
Lächerlichste, schamloseste und Absurde Ihres
Vorgehens«, erzürnte er sich gegenüber dem
»scheinheiligen« Sohn (Nikolaus II. an Paul An-
ton, 6. Dezember 1827, in : MOL, FAE, P163,
Fasz. 2, Nr. 21).
35 Vgl. GLA, Diplomatische Sektion, Abt.
233/2388, 22. Dezember 1827.
36 Vgl. Johann Karner an Nikolaus II., 23. April
1829, in : MOL, FAE, P63, Fasz. 53, Nr. 1241.
37 Weber 1855, S. 295.
38 Aus dieser Zeit nachweisbar : Feigenspalier an
der südlichen Schlossfassade, heute im Pal-
menhaus ; Tulpenbaum vor der Schlosskirche,
1827/28 gepflanzt, um 2008 gefällt. Freundlicher
Hinweis von Florian Heizmann und Markus
Zeiler, Verwaltung der Insel Mainau.
39 Vgl. Stées de Sterio 1977, S. 55. Seit 1822 hatte das ehemalige Deutschordens-Eiland im Besitz des Hauses Baden
mit barockem Schloss, Befestigungsanlagen, Wirtschaftsgebäuden, Schiffsanleger
und großen Naturflächen zum öffentlichen Verkauf gestanden. Wegen des zu hohen
Preises hatte die wirtschaftlich unbrauchbare Insel aber bis dahin keinen Abnehmer
gefunden32. Nach anscheinend nur kurzen Verhandlungen mit dem Eigentümer,
Großherzog Ludwig I. von Baden (1763–1830), kaufte der Esterházy-Fürst die
idyllische Mainau für 65.000 Goldgulden, obwohl ein niedrigerer Preis angesetzt
war33. Um an das dafür nötige Geld zu kommen, erpresste der Vater seinen Sohn34,
der von der Kaufabsicht freilich nichts wusste und diese sicher nicht unterstützt
hätte. – Ludwig I., als Lebemann berüchtigt, brachte sicherlich Verständnis für
Nikolaus auf, denn er hatte gerade gegen den Willen der Familie seine langjährige
Mätresse zur Gräfin erhoben und ihr ein Stammgut als Verpflegung für den ge-
meinsamen Sohn zukommen lassen. Daher dürfte in dem zu hohen Preis für die
Insel auch gleich die Nobilitierung des damals zwölfjährigen Nikolaus Plaideux
zum Baron von Mainau enthalten gewesen sein35.
Erneut entwickelte der Fürst die gewohnte Energie und investierte, baute, ge-
staltete die Mainau, die idyllisch im Bodensee vor dem Alpenpanorama lag. Ange-
trieben von der sich verschärfenden Kritik in Österreich, begann er noch im Winter
1827/28 die Wirtschaftsbauten um das Schloss abzureißen, um den Blick auf den
See und die damals noch landwirtschaftlich geprägte Insel zu gewährleisten. Die
Gräben der Fortifikationsanlagen verschwanden und das heutige Torhaus wurde
ausgebaut, wofür im Mai 1829 sogar Charles Moreau die Mainau inspizierte36. Ein
Reisender schwärmte : »… bald wird hier eine Feen-Insel entstehen, wie aus Mr.
Plaideux ein Freiherr von Mainau hervorgegangen ist.«37
Gleichzeitig erfolgten zahlreiche Anpflanzungen von exotischen Bäumen aus den
Eisenstädter Pflanzensammlungen, die im mediterranen Klima der Insel prächtig
gediehen38. Der mit den Gartenanlagen um das Schloss Mainau beauftragte Gärt-
ner Ferdinand Schnetz (1774–1851) berichtete in seinem Tagebuch begeistert von
den umfangreichen Ideen des Fürsten zu Parkanlagen, Terrassen und Springbrun-
nen, die den Grundstein zu der heute bekannten Garten- und Blumeninsel Mainau
legten39. In dieser letzten Gartenschöpfung des Fürsten, der mehr als ein Dutzend
anderer Gärten – von der Wiener Landstraße bis ins alpine Pfannberg, vom klei-
nen Palaisgarten für die Zielinska bis zur Eisenstädter Kulturlandschaft – voran-
»Ile de Mainau«, Stahlstich von Jules Grébert, um
1830. Auktionshaus Michael Zeller, Lindau am
Bodensee.
»Das Schloss auf der Insel Mainau«, Aquatinta von
Caspar Burkhardt nach E. Labhart, 1837. Auktionshaus
Michael Zeller, Lindau am Bodensee.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur