Seite - 354 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
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ENDE354 67 Paul Anton reiste um den Jahreswechsel 1829/30
oftmals nach Wien und zu Metternich nach
Johannesburg. Kleinere Kredite des Bankhauses
Rothschild in London zur Aufrechterhaltung
seiner Londoner Hofhaltung wurden nur durch
Intervention des Kaisers bewilligt (vgl. Verhand-
lungen 1830, in : MOL, P134, H, 5cs, I/h).
68 Vgl. Baron Kajetan von Münchhausen-Belling-
hausen, Chevalier de l’ordre de la Toison, an
Nikolaus II., 23. Mai 183b0, in : MOL, FAE,
P163, Fasz. IX, Nr. 217.
69 Vgl. Abschied Nikolaus’ am 27. Mai 1830, in :
Gentz 1920/2004, S.175 (27. Mai 1830).
70 Vgl. Nikolaus II. an Johann Karner, Mainau,
9. Juli 1830, in : MOL, FAE, P163, Fasz. 55,
Nr. 1267.
71 Vgl. Nikolaus II. an Johann Karner, Karlsruhe,
20. Juni 1830, in : MOL, FAE, P163, Fasz. 55,
Nr. 1267.
72 »… und nun erst die ungarische Garde, den
Esterhazy an der Spitze, der blendend von
Brillianten und Perlenstickerei ist ; wie ist es zu
erzählen ?« (Felix Mendelssohn-Bartholdy an
seinen Bruder, Pressburg, 27. September 1830,
in : Mendelssohn-Bartholdy 1861, S. 25).
73 Insgesamt wurden 500 Bücher im Wert von
15.000 Gulden, vier Marmorbüsten und zwei
Globen gestiftet (vgl. EPA, CD 1830/1387).
74 Vgl. Abweisung der Klagen durch das Österrei-
chische Landrecht, 11. Mai 1832, Klage vom 3.
Dezember 1831, in : MPL, FAE, P163, Fasz. 22,
Nr. 459.
75 Franz I. über Graf Reviczky an Nikolaus II.,
5. Mai 1831, in : MOL, FAE, P163, Fasz. 15,
Nr. 359. Hinweis auf diese Gesetzesartikel sowie
die Fideikommisregelungen in : MOL, FAE,
P134, H, 5cs, I/h, Beilage 7.
76 Nikolaus II. an Graf Anton Reviczky, 13. No-
vember 1828, in : MOL, FAE, P134, H, 5cs,
Beilage 6a, b.
den Majoratsgeschäften den drohenden Bankrott des Esterházy-Besitzes vermei-
den könnte67.
Wie schon 1812 wurde auch nun größerer moralischer Druck auf Nikolaus aus-
geübt, damit er endlich seine Verschwendungssucht beende. So erging in Abspra-
che mit dem Kaiser von der Ordenskanzlei des Ordens vom Goldenen Vlies ein
Schreiben an Nikolaus, das seine unmoralische Lebensweise anmahnte. Als Vlies-
ritter solle er als betagter Herr nicht vergessen, dass er Vorbild für Untertanen und
Familie sei und die Ehre seines Hauses repräsentiere. Er solle endlich nach den
Statuten und Weisungen des Ordens leben und für sein Seelenheil sorgen, da man
ihn ansonsten unehrenhaft entlassen müsse68. – Dies war eine ungeheure Drohung
und unermessliche Demütigung für Nikolaus, der vier Tage später Wien verließ69,
um auf die Mainau zu reisen.
Sein Sohn Paul Anton brach den Kontakt zum Vater ab70, und nur der dro-
hende Tod seines Bruders Nickerl, Fürst Nikolaus’ behinderten Sohnes, bewog
den Vater zur Rückkehr nach Wien71. Hier zeigte der Fürst jedoch Einkehr und
Reue und führte die Ungarische Garde anlässlich des Krönungsreichstages von
Erzherzog Ferdinand, der am 28. September 1830 zum ungarischen König ge-
krönt wurde, wieder an. – Es war die letzte ungarische Krönung in Pressburg und
gleichzeitig auch der letzte öffentliche Auftritt von Nikolaus II., der wiederum
ein letztes Mal in der Diamanten-Uniform seines Großvaters funkelte72, obwohl
ihm der Kaiser mit der Enthebung als Gardehauptmann drohen hatte lassen. Wie
zum Trotz stiftete Nikolaus daraufhin »seiner« Garde eine Bibliothek für deren
Palais in Wien73.
Doch auch diese offensichtlichen Zugeständnisse halfen nichts. Als im Dezem-
ber 1831 Wertheimer die Herrschaft Pottendorf einklagte, weil die Kredite nicht
beglichen wurden74, ordnete das niederösterreichische Landrecht die Zwangsver-
waltung für die österreichischen Güter an. Für den verbleibenden Grundbesitz
drohte Kaiser Franz I. in seiner Funktion als ungarischer König an, in Zukunft das
Brechen ungarischen Rechtes, wonach dem Majoratsherrn der Fruchtgenuss seiner
Güter, nicht aber deren Belehnung erlaubt war (sub poena amissionis majoratens)75,
zu ahnden. Also blieb Nikolaus II. im 38. Jahr seiner Majoratsverwaltung nichts
anderes übrig, als der vom Kaiser geforderten Einrichtung einer Hofkommission
zuzustimmen und im Februar 1832 alle Majoratsgeschäfte an den Staat abzugeben.
Im Begründungsschreiben hierzu versuchte der Fürst, die Situation zu rechtfer-
tigen, wie er es bereits 1828 in seinem an die Hofkanzlei gerichteten wirtschaft-
lichen Vermächtnis getan hatte. Darin betonte er, dass auch durch das patrioti-
sche Handeln, seine offiziellen Ämter, die Insurrektion in den Koalitionskriegen,
die Botschaftertätigkeit seines Sohnes und sein Auftritt auf der Krönung König
Georges IV. in London Millionen für Reich und Souverän ausgegeben worden
wären. Zudem blickte Nikolaus an den Beginn seiner Regierungszeit zurück und
erwähnte die von seinen Vätern übernommenen Schulden und nötigen Investiti-
onen in die vollständig umzustrukturierende Verwaltung. Trotz der »schwierigen
Zeiten unserer Epoche«76 habe er durch Innovationen und Reformen aus dem ab-
gewirtschafteten Majorat Schritt für Schritt einen modernen Wirtschaftsbetrieb
mit zeitgemäßer Administration machen können. Noch einmal ließ er den Umbau
der Rinderhaltung, die Veredelung der Pferde in seinen Gestüten und vor allem
die Steigerung des Schafbestandes von 32.000 auf 190.000 Tiere Revue passieren.
Vor allem aber, räumte Nikolaus schließlich ein, habe die kostspielige, prunkvolle
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur