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Die Auflösung der Sammlungen 367
von Kaiser, Staatskanzler, Sohn und den Standesgenossen kritisiert und von der
bürgerlichen Gesellschaft moralisch verachtet, sein Leben. Er hinterließ seinem
Sohn Kunstsammlungen von unschätzbarem Wert und Schulden von unfassbaren
Dimensionen. Aufgrund dieser finanziellen Belastung war Fürst Paul III. Anton
gezwungen, jegliche Investitionen in die Galerie aufzugeben.
Die gesellschaftspolitischen Veränderungen, vor denen sein Vater in die Kunst
geflüchtet war, waren auch in seiner Majoratszeit nicht mehr aufzuhalten. Nach den
Pariser Aufständen 1830 und 1832 brach sich 1848 die so lang durch Restauration
und autoritäre Waffengewalt aufgeschobene und auch von Fürst Paul III. Anton
Esterházy als ungarischem Außenminister zu kalmieren versuchte bürgerliche Re-
volution Bahn. Als Ergebnis wurde die Erbuntertänigkeit abgeschafft und Ungarn
rückte nach einem blutigen Bürgerkrieg langfristig der erstrebten nationalen Un-
abhängigkeit näher. Die adeligen Privilegien und Geburtsrechte, die Nikolaus’ Ge-
neration unter den Fingern zerronnen waren, wurden mit der deutschen Reichsver-
fassung de facto 1849 aufgehoben. Und auch in Ungarn wandelte sich der Adel zu
einer Funktionselite, die nicht mehr das Monopol auf die politische Führung hatte.
Erst als 1871 die Esterházy-Gemälde- und Grafiksammlung an den aufblühenden
Nationalstaat Ungarn verkauft bzw. gestiftet wurde, schien sich der Name des Fürs-
ten Nikolaus mit seiner lebenslangen Leidenschaft für die Kunst in die Ewigkeit
einzuschreiben.
Nikolaus II. und seinem »nötigen Glanz«, wie er 1828 die gesellschaftlich erwar-
tete Hofhaltung genannt hatte, seinem ausschweifenden Lebensstil, Legenden und
Klatsch und vor allem seinen Kunstsammlungen ist es zu verdanken, dass bis heute
der Familie Esterházy ein königlicher Mythos anhaftet. Daran konnten Revolutio-
nen, Kriege und auch der Konkurs der Familiendynastie nichts ändern.
Salon von Fürst Paul III. Anton Esterházy im
Majoratspalais in der Wallnerstraße, Gouache von
Meßmer, 1862. Mit den Porträts von Queen Victoria,
Prinz Albert und Fürst Metternich aus der Londoner
Residenz, den chinesischen Porzellanen von
Nikolaus I. und der Napoléon-Büste von Nikolaus II.
aus dem Mariahilfer Palais. Esterházy Privatstiftung,
Schloss Eisenstadt, Grafische Sammlung.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur