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Tagebuch 1937/1
gelshofers „Palma“ gefunden. Drüben
im Polytechn[ikum] bei Dr. Bernoulli
wiedergutmachende Wärme gefun-
den. Er hatte schon den Dürer II/1 u.
gratul[iert] dazu. Von einer Baldung-
z[eichnung] hat er Teilkopien aus d. Stre-
gozzo abgelöst, u. das ist doch nett, daß
Baldung wohl selbst diesen Stich kopiert
hat ! (Erzählte von […] interess[antem]
Bekannten in Florenz, der Stregozzo
mit Knochenfunden in Zusammenhang
brachte, die damals dort gemacht wur-
den u. d. Phantasie beschäftigt haben …
Fragte ob d. verkratzte Ritter u. Land-
schaft bei Dürers Großem Roß nicht
spätere Hinzufügung sein könnte ?)
…4
Im Limmathof aus d. Papierl ge-
gessen u. nach Winterthur gefahren.
Samm lung Reinhart (geführt vom
Sekre tär Dr. Streif, da Besitzer verreist)
durchwandert. Die Cranachbilder, der Geertgen, die Lichtsche Marienzeichn[ung]
v. Grünewald, der Narr von Géricault höchste Höhepunkte. Eine Pietá, des Gerard
David heißts, die ich aber eher für französ[isch] halten möchte. Eine Riesensammlung
mit C[aspar] D[avid] Friedrichs, Waldmüllers, Kobell, herrlichen Thomas (ganz früh)
u. Leibls (u. a. d. Porträt Langbehns d. Rembrandtdeutschen, dem nur das Hitler
Schnurrbärtchen fehlt, um der typische Durchschnittsdeutsche zu sein (gemein u.
sentimental). So schöne Blumen im Haus u. draußen, Aussicht !5
Zurück schon sehr abgespannt, dann aber sogleich in eine Elektr[ische], die uns an
d. See hinaus führte, ins Atelier von Haller, bei dem wir uns in d. Früh teleph[onisch]
angesagt hatten. Ein Holzbungalow sehr groß in einem Garten mit blühenden Obst-
bäumen u. viel Wiese, auf der er im Freien seine Großplastiken arbeiten kann. Man
sieht noch d. Fleck, auf dem das Waldmann-Denkmal gestanden ist, das vor ein paar
Tagen seinen Platz an d. Brücke bezog[en] hat. Es war sehr nett wenn auch d. Terra-
cotten in allen Dimensionen stehend od. auf Fauteuils u. Stellagen lagernd, erschre-
ckend dilettantisch wirken. Wohltuend seine Bescheidenheit. Sehr menschlich. Ich
hab meine Müdigkeit nicht gemerkt – inzwischen ist sie aber wieder herausgekom-
men. Es kommt noch Anderls Freund zu uns – vielleicht empfang ich ihn schon im
Bett
…6 Abb. 3 : Der Kunsthistoriker Erwin Gradmann.
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Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 346
- Kategorie
- Biographien