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Tagebuch 1937/1
Eindruck war : ausgeschlossen. Man meint, daß er wenn er so angefangen hätte, nie-
mals d. Weg zu „Rembrandt“ gefunden haben könnte. Dann kamen d. Überlegungen,
wie zu datieren, wer könnte sonst und d. Typen stimmen. Mit einem Wort : Konst-
ruktion d. Jugendoeuvres. In diesem Fall würde sie sich lohnen
…44
Wir haben einen Besuch bei Stoclet für Mittwoch nach Tisch ausgemacht u. da
dies via Tante Goldschmidt ging, haben wir vorher einen lunch bei diesem „kleinen“
Sammler auch noch abgemacht. Alles bis Mittwoch, so daß wir einen Tag länger,
als wir d. Absicht hatten, hier bleiben. Eine nette Geschichte erzählte man uns : die
„guten Richter“ vom Van Eycker Altar wurden vor etwa 2/3 Jahren gestohlen. Ein
Preis ohne Bestrafung wurde ausgesetzt (oder sonst ein Modus), aber es meldeten
sich Dutzende, die gegen Hinterlegung einer Riesensumme den Flügel wieder zu-
rückschaffen wollten. Einer der Diebe schien wenigstens ehrlich zu sein, er konnte
nämlich nachweisen, daß er der richtige Dieb war, indem er auf die Rückseite des
Altarflügels weisen konnte, die er in einer Bahnhofsgarderobe abgegeben hätte. Man
fand sie dort ! Wer aber sollte d. Million zahlen, die er verlangt hatte ? Darüber war
ein Streit zwischen Stadt u. Kirchenverwaltung. Darüber vergingen Monate, ohne
daß eine Einigung erzielt wurde. Inzwischen starb d. Dieb. D. h. es starb ein ehema-
liger Meßner von St. Bavo, der ein Wechselgeschäft hatte u. in dessen Schreibtisch
man den aufgesetzten Brief über d. Diebstahl u. d. Forderung d. Million etc. gefun-
den hatte. Das Haus d. Mannes wurde durchsucht, durchleuchtet, abgerissen etc. (die
nichts ahnende Witwe entschädigt), aber d. Flügel nicht gefunden … Ein Journalist
machte sich d. lehrreichen Spaß mit einem ganz in Größe u. Format d. Flügels zuge-
schnittenen u. verpackten Brett durch Belgien zu reisen ; er gab es mehrmals in Ba-
gagedepots d. Bahnhöfe ab, ja er kam sogar damit in den Vorraum eines Experts, von
dem er aber nicht empfangen wurde, da er nicht schriftlich angesagt war. Nirgends
fiel sein Paket auf ! (er hat es dann publiziert).45
Heute früh waren wir erst auf d. Post, wo wir Stoffels Brief bekamen (noch ohne
Entscheidung). Dann im Museum, wo wir den Direktor aufsuchten (Van Puyvelde),
der sehr einfach u. freundlich war und eine genussreiche Stunde in d. Galerie hatten.
Vor allem M[arten] de Vos interessierte uns (hl. Paulus lässt d. Bücher verbrennen von
1568), der direkt aus Tintorettos Zeichnungen geschöpft haben muß. Wir erbaten
auch die Tertiärgalerie ansehen zu dürfen u. Photos von Romanisten.46
11. Mai
Haben es auch getan u. ein Bild von M[arten] d[e] Vos in Stockholm gefunden, das d.
beschwägerten Tritonen hat, die ?Fr[öhlich-]B[um] ? als Barbari ? bestimmt hat. (Al-
bertina ? Nachtrag ?). Ein dort angestellter Dr. Lavalleqc sprach uns an, er schreibt ge-
rade eine Besprechung unseres 2/1 Dürerbandes u. schimpft auf Winklers Publikum,
u. a. daß er uns nicht einmal zitiert hätte. So rundet sich allmähl[ich] d. Vorstellung
über dieses Buch, dessen direkter Bekanntschaft wir noch immer ausweichen konn-
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Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 346
- Kategorie
- Biographien