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Tagebuch 1937/1
blicksdarstellung österreichischer Kunst in Paris zusammenzubringen, ursprünglich von
HT ausgegangen zu sein. HT sei, so Reinhold, ein „(erfolgloser) Spiritus Rector“ der Aus-
stellung gewesen, denn er habe bereits 1930 bei Henri Verne, dem Direktor des Louvre, ein
Ausstellungsprojekt mit dem Titel „Wiener Kunst mit Werken der Malerei, der Skulptur
und [der] dekorativen Künst[e] des Barock, des Biedermeier und der Gegenwart“ angeregt
(Reinhold 2008, 308). Gut möglich, dass dieser Vorstoß HTs 1930 noch im Rahmen der
GFMK (Auflösung 1933) unternommen worden war. 1937/38 konnten Stix, Haberditzl
und Buschbeck – als ehemalige Vorstandsmitglieder der GFMK – auf die damals geleiste-
ten Vorarbeiten zurückgreifen.
Vier Jahre später, also während der Ständestaatdiktatur in Österreich, sind einem Brief
HTs an Floch wesentlich kritischere Töne zu einem derartigen Ausstellungsvorhaben in
Paris zu entnehmen : „Was speziell die Ausstellung in Paris anbelangt, so habe ich nach wie
vor gegen ein solches Unternehmen vor allem Bedenken, daß eine solche Ausstellung im
gegenwärtigen Augenblick nichts für die Pariser Interessantes bieten könnte. Daß Sie und
andere in Paris lebende Österreicher, unter der Patronanz des Staates Oe. auftretend, dort
einen Erfolg und Vorteil haben könnten, gebe ich zu ; aber brauchen Sie dazu einen solchen
Apparat ? Dieser kann entweder aus der üblichen Waldmüllerei bis Klimt inkl. bestehen,
was ich mir auch noch nicht sensationell vorstelle[,] oder aber aus Werken lebender Künst-
ler, die entweder ganz offiziell zustandegebracht werden und dann entsetzlich sind, oder
aber von einem verantwortlichen Fachmann ausgewählt werden, der wie die Verhältnisse
heute sind, dem Druck nicht entgehen wird, allerhand provinzielle und wienerische Medi-
okritäten mitzunehmen. Aber selbst wenn er tun könnte, was er wollte, was hätte er denn
zu zeigen ? ! O.
K. [Oskar Kokoschka] befindet sich augenblicklich in einer solchen Krise, aus
der ein Verfall oder eine Altersreife werden kann, daß seine Arbeiten wohl für Kenner seiner
Kunst interessant, aber für Außenstehende kaum sehr wesentlich sind. Böckl, Wiegele
– ab-
gesehen davon[,] wie Sie persönlich zur Kunst dieser Maler stehen – glauben Sie wirklich,
daß diese das Rückgrat einer Ausstellung für Paris bilden können ? […] Selbstverständlich
tue ich alles, was Sie und Ihre Freunde für nützlich halten, aber zu einem Jahrmarkt pro-
vinzieller Erzeugnisse wird man mich hier in Wien weder heranziehen, noch möchte ich
damit zu tun haben.“ (WStLB, Handschriftensammlung, I. N. 219.296, Hans Tietze an
Josef Floch, 5.4.1935.)
Zur Ausstellung notierte Floch in sein Tagebuch : „Die mod. Öst. Malerei hört 1913 auf,
kathastrophaler [sic !] Stillstand mit elendem Epigonentum. Wien eine Stadt voll Talent,
ohne durchzuhalten, gleichzeitig größenwahnsinnig.“ (Pallauf 2000, 52.)
Die Oberaufsicht über die Ausstellung lag in Händen des ersten Direktors des KHM, Al-
fred Stix, ehemals Direktor der Albertina und während der frühen 1920er-Jahre engster
Verbündeter HTs bei der Museumsreform. Mittlerweile hatte sich Stix zu einem Exponen-
ten des autoritären Regimes entwickelt. Stix gehörte auch zu den persönlichen Förderern
des Malers „Mopp“ (Max Oppenheimer) ; 1924 war von Stix, damals Direktor der Al-
bertina, „Das Graphische Werk von Max Oppenheimer Mopp“ erschienen. Franz Martin
Haberditzl, einer der anerkanntesten Kenner zeitgenössischer österreichischer Kunst, war
aufgrund einer schweren körperlichen Behinderung nicht in der Lage, selbst an der Aus-
stellung teilzunehmen.
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Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 346
- Kategorie
- Biographien