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Tagebuch 1938/1
69 Der aus München stammende Bernhard Degenhart hatte unter anderem bei August L.
Mayer Kunstgeschichte studiert und war zu diesem Zeitpunkt als Assistent an der Bib-
liotheca Hertziana tätig. 1939 erhielt er eine Anstellung an der Albertina in Wien. Durch
seine Kontakte wurde der „aufstrebende Münchner Kunsthistoriker Teil einer zwiespältigen
Elite, die oft genug Opfer und Täter zugleich war. Ohne auf Details eingehen zu können,
sei festgehalten, dass Degenhart sowohl zu Widerstandskreisen als auch mit offiziellen NS-
Dienststellen in enger Verbindung stand“. 1940–1941 war Degenhart für die sogenannte
„Dienststelle Mühlmann“ tätig, die in den Niederlanden sowie in Osteuropa organisierten
Kunstraub betrieb (Fuhrmeister/Kienlechner 2008, 423).
Die der deutschen Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (gegr. 1911) unterstellte Bibliotheca
Hertziana (eröffnet 1913) fiel in den Machtbereich des nationalsozialistischen Staates.
1934 wurde Leo Bruhns Direktor der Bibliothek ; der Name wurde in „Kaiser-Wilhelm-
Institut für Kunst- und Kulturwissenschaft (Bibliotheca Hertziana)“ umbenannt (Biblio-
theca Hertziana, HP). Zu Bernhard Degenharts Verstrickung in den nationalsozialistischen
Kunstraub siehe u. a. Fuhrmeister/Kienlechner 2008.
Ludwig Schudt war fast 40 Jahre lang, bis zu seinem Tod 1961, Bibliothekar an der Biblio-
theca Hertziana in Rom (Wittkower 1962).
Zu Vogel siehe TB 1938/1, 29.1.
70 Monte Pincio, nördlichster Hügel des heutigen Rom.
71 CIT – Reisebüro.
Federico Hermanin de Reichenfeld, Direktor der Galleria d’Arte Antica im Palazzo Corsini
in Rom, war ein guter Freund Aby Warburgs gewesen (Michels/Schoell-Glass 2001, 586).
HT hatte die Jahre 1903/04 und 1904/05 als Mitglied des „Istituto austriaco di studi storici“
in Rom verbracht.
Der Historiker Friedrich Engel-Jánosi verzeichnet in seinen Erinnerungen die Begegnung
mit Tietzes in Rom nicht. In dem 1974 verfassten autobiografischen Werk wird HT nur
einmal in einer bizarr-komischen Anekdote aus der Zeit kurz nach Ausbruch des Ersten
Weltkriegs erwähnt, als HT als Offizier vorübergehend der Ausbilder Engel-Jánosis bei
der Armee gewesen war „Die meisten aktiven Offiziere des Regiments waren an die Front
abgegangen ; zurückgeblieben im Arsenal waren fast durchwegs Reserveoffiziere, deren bis-
herige Tätigkeit den militärischen Bereich kaum gestreift hatte. Es gab da den bekannten
Kunsthistoriker Universitätsprofessor Hans Tietze, dem die eigentlich artilleristischen Fä-
cher anvertraut waren und der seine Aufgabe sehr ernst nahm ; aber klein, stark kurzsich-
tig, in ständigem Kampf mit seinen kurzen Beinen mit seinem zu langen Artilleriesäbel
verstrickt, war er nicht eben die ideale Verkörperung des jungen Offiziers, wenn er zur
Befehlsübergabe über den Hof des Arsenals eilte.“ (Engel-Jánosi 1974, 44.)
Die Karriere des Historikers Otto Brunner, eines ehemaligen Studienkollegen Engel-Jáno-
sis, verlief von nun an allerdings systemkonform. Er wurde Parteimitglied und ab 1940
Leiter des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung, das von den meisten männ-
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Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 346
- Kategorie
- Biographien