Seite - 2 - in Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Bild der Seite - 2 -
Text der Seite - 2 -
la littérature?beschriebenenProduktivitätvonRezeptionsprozessennahe,nach
derWerkenur in demAusmaßWert haben, in demsie aufgenommenwerden,
und dies immerwieder neu, da sich die Lesenden stets en situation befinden.
Für den Umgangmit dem Phänomen Existentialismus, das sich ausdrücklich
nichtals festumrissenesSystemverstandenwissenwill, sondernalsein fortlau-
fend zu adaptierendes, imWerden begriffenesDenken, eignet sich die Kultur-
transfertheorie durch ihre Situationsgebundenheit und Prozessualität ideal:
ebenso wie einzelne Kulturgüter betrachtet sie Kulturen auf der Makroebene
nicht als geschlosseneEinheiten, sondernals hybride, dynamischeGefüge, als
variable„EnsemblesvonPraktiken,ZeichenundBedeutungszuschreibungen“5.
Ihr Augenmerk richtet sich speziell auf „Spuren des Fremden in der eigenen
Kultur“6 und auf die Frage, wie diese dorthin gelangt sein können, das heißt,
nachwelchen Kriterien kulturelle Elemente von institutionellen oder privaten
Vermittlungsinstanzenselektiertundbefördertoderblockiertwerden.
ZwarbestimmendiespezifischenErwartungenderZielkultur inhohemMaß
die Grenzen des Transferierbaren, allerdings ist gerade der sich zwischen 1945
und 1955 vollziehende Existentialismus-Transfer wegen des besatzungsbe-
dingten Machtgefälles nicht von der alliierten Kulturpolitik Frankreichs (cf.
Kap.4.2)7undihremBeitragzur IdentitätsbildungderZweitenRepublikzutren-
nen.Umzu ermessen,worin sich die Strömungnachder Rekontextualisierung
vonder französischenAusprägungunterscheidet,beleuchtetKapitel 3 zunächst
den Ausgangskontext: die Entstehung, die VertreterInnen und die Tendenzen
desExistentialismus.DasGewicht liegt–denempirischerfassbarenTransferin-
halten entsprechend–primär aufdemWiderhall, den Jean-Paul Sartre als zen-
traler Repräsentant findet. Verwandte Ausprägungen existenzphilosophischen
Schreibens–vonSimonedeBeauvoir,AlbertCamus,GabrielMarcel, Emmanuel
5Werner Suppanz: Transfer, Zirkulation, Blockierung. Überlegungen zumkulturellen Trans-
fer als Überschreiten signifikatorischer Grenzen. In: Celestini und Mitterbauer (Hg.): Ver-
rückte Kulturen. Zur Dynamik kultureller Transfers. (Studien zur Inter- undMultikultur 22.)
Tübingen2003,S. 21–35,hierS. 23.
6 Hans-Jürgen Lüsebrink undRolf Reichardt: Kulturtransfer imEpochenumbruch. Fragestel-
lungen, methodische Konzepte, Forschungsperspektiven. Einführung. In: Lüsebrink et al.
(Hg.):Kulturtransfer imEpochenumbruch,S.9–26,hierS. 20.
7 Ebensowenig ist der Transfer isoliert vonder Kulturpolitik der anderenBesatzungsmächte
zubetrachten,wie sichetwaanamerikanischenKulturimporten zeigt, dieÖsterreichnicht al-
leinvonSeitenderUSAerreichen, sondernauch inFormvonbereitsmit ihnenamalgamierten
französischenKulturimporten(cf.Kap.5.1).Nach1950wirktsichbesondersderdieösterreichi-
scheBesatzungspolitikdominierendeKalteKriegaufdenTransferderWerkedessichderSow-
jetunionannäherndenSartreaus (cf.Kap.8).
2 1 Existentialismus inÖsterreich.Einleitung
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur