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stark inspiriert, verkörpern allerdings keineswegs den etablierten Literaturbetrieb.
Mit dem nach Kriegsende vorherrschenden Eindruck eines Neuanfangs erweisen
sichauchderdazugehörigeElanunddie literarischeOffenheitdererstenJahrebald
als Illusion, anderenStellewiederder statusquoante tritt. Esdominiert konserva-
tive„Vorkriegsware“11,wasdemselbstalsSchriftstellertätigenKritikerundPublizis-
ten Hans Weigel mehrfach Anlass zur Klage gibt. In Anbetracht des „Vakuums
innerhalb unseres geistigen Lebens“12, bedingt durch die im Exil belassenen Au-
torInnen, durch die gezielte Förderung von teils belasteten VorkriegsliteratInnen
und zuletzt durch das Ignorieren der neuen Generation (cf. Kap. 6.2), verlangt es
geradedie jüngerenLeserInnennachdenzuKriegszeitenunzugänglichen interna-
tionalenNeuheiten,unterdenenderExistentialismusdieaktuellste ist.
Dass der „Bürgerschreck“13 Sartre der österreichischen Jugend zugleich hilft,
gegendie geistige Enge der Elterngeneration aufzubegehren, ist einwesentlicher
Erfolgsfaktor,derauchliterarischseinenNiederschlag findet.UmdenPreisder in-
haltlichen Verflachung erreicht die Strömung in den europäischen Metropolen
schnelldenStatuseinesJugendkults,dessenMaßlosigkeitundNaivitätElfriedeJe-
lineks Roman Die Ausgesperrten (1980) ironisiert. Dass das subversive Potential
des Existentialismus eine gewisse Zeitlosigkeit auszeichnet, legt Norbert Gstreins
RomanEineAhnung vomAnfang von 2013 nahe, der jugendlich-rebellische „Aus-
flüge ins Existentialistische“14 in den neunziger Jahren im ländlichen Österreich
porträtiert (cf. Kap. 5.2).Als einen fürdenTransferunumgänglichenAspektblickt
Kap. 5.1 zuvor auf die vonderPariserRiveGauche importierteModeunddenLe-
bensstil anhandvonZeitungs- undZeitzeugen-Berichtenüber ExistentialistInnen-
Treffpunkte wie dasWiener Kellerlokal „Strohkoffer“, das „Exil“ und das „Café
Sport“.
Dass die Kennzeichnung ‚existentialistisch‘nicht nur auf eine uneinheitli-
cheGruppevon Intellektuellen, SchriftstellerInnenundPhilosophInnenausge-
dehnt wird, sondern auch auf die im Arrondissement Saint-Germain-des-Prés
wirkendenMalerInnen,MusikerInnen und SchauspielerInnen, lässt gerade im
11 HansWeigel:BriefausWien:ZentrumamRande. In:DerMonat5 (1952),Nr.44,S. 179–183,
hierS. 180.
12 HansWeigel:Vorbemerkung. In:StimmenderGegenwart, 1951,S. 5.
13 JeanAméry: IndieWeltgeworfen. Jean-PaulSartre (1955). In:Améry:Werke,Bd.4:Charles
Bovary, Landarzt. Aufsätze zu Flaubert und Sartre. Hg. von Hanjo Kesting. Stuttgart 2006,
S. 189–197,hierS. 196. [Zuerst in: JeanAméry:KarrierenundKöpfe.Zürich1955.]
14 NorbertGstrein:EineAhnungvomAnfang.München2013,S.49f.
1 Existentialismus inÖsterreich.Einleitung 5
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur