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Bezugsrahmen zur Ordnung und Interpretation des Materials beibehalten. Es
gelte vielmehr, „die Grundlagen nationalgeschichtlicher Vergleiche zu über-
denkenundzuerweitern“10,mandistanziere sich, soReichardtundLüsebrink,
„von impliziten nationalen Hegemonieansprüchen älterer Kulturvergleiche“,
ziele also „nicht auf kulturellen Expansionismus, sondern auf die Bedürfnisse
derRezipienten“11. JosephJurtunterstreicht:
DerNachweis, dassnationaleKulturenzuwesentlichenTeilenauf (reinterpretiertenoder
reformulierten) Beiträgen von Fremd- oder Nachbarkulturen beruhen, gräbt jeder sub-
stantialistischen oder gar nationalistischen Argumentation dasWasser ab. Das Fremde
wirdzuetwasEigenem,weil eseingeführtwird,umeinespezifischeFunktion imeigenen
Kultursystemwahrzunehmen.12
NachdemdieGesellschaft derOrt ist, „wodieKulturfähigkeit desMenschenver-
wirklicht, seine Kulturbedürftigkeit befriedigt wird“13, kann eine interkulturelle
Untersuchung nicht auf die intrakulturelle, binnengesellschaftliche Ebene, auf
„Schicht, Milieu, Lebensstil, Region, Konfession und dergleichen“14 verzichten.
Zuerfassensind„diespezifischenUnterschiedevonNational-,Lokal-undAlltags-
kultur in ihrerwechselseitigenÜberschneidungundDifferenzierung“15, schreiben
EspagneundWerner inAnlehnungandenfranzösischenPhilosophenundSozio-
logenEdgarMorin,dessenKulturbegriff sie ihrenÜberlegungenzugrunde legen.
Morin versteht Kultur in seiner 1984 erschienenenAbhandlung Sociologieper se
als „polyculturelle“16, als ein veränderlichesKommunikationssystem, indemein
steterAustauschzwischendenIndividueneinergegebenenGesellschaftunddem
sozialenGefügealsGanzemstattfindet.
Gauche. Deutsch-französische Kulturbeziehungen 1945–1960. Würzburg 2015, S. 21–42, hier
S. 28.
10Wolfgang Schmale: Historische Komparatistik und Kulturtransfer. Europageschichtliche
Perspektiven für die Landesgeschichte. Eine Einführung unter besonderer Berücksichtigung
der Sächsischen Landesgeschichte. (Herausforderungen. Historisch-politische Analysen 6.)
Bochum1998,S. 101.
11 LüsebrinkundReichardt:Kulturtransfer imEpochenumbruch,S. 20.
12 Jurt:DaswissenschaftlicheParadigmadesKulturtransfers,S.31.
13 Friedrich H. Tenbruck: Die Aufgaben der Kultursoziologie. In: Matthes undDeutsche Ge-
sellschaft für Soziologie (Hg.): SozialerWandel inWesteuropa: Verhandlungen des 19. Deut-
schenSoziologentages inBerlin1979.FrankfurtamMain1979,S.900–904,hierS.901.
14 Suppanz:Transfer,Zirkulation,Blockierung,S. 27.
15 Michel Espagne und Michael Werner: Deutsch-französischer Kulturtransfer im 18. und
19. Jahrhundert. Zu einem neuen interdisziplinären Forschungsprogramm des C.N.R.S. In:
Francia13 (1985),S.502–510,hierS. 504.
16 EdgarMorin:Sociologie.Paris 1984,S.349.
14 2 DerExistentialismusalsGegenstandderKulturtransferforschung
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur