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fiée, une idée d’homme“24). Roquentin sehedieWurzel nicht, er sei sie, in dem
Sinne, als „jedes Bewußtsein ‚Bewußtsein von‘ ist“25: „Ichwar dieWurzel des
Kastanienbaumes. Oder vielmehr, ichwar ganz und gar Bewußtsein ihrer Exis-
tenz.“26 („J’étais la racinedemarronnier.Ouplutôt j’étais tout entier conscience
de son existence.“27) Die erzählerisch ausgebreitete, für Sartres Denken funda-
mentale Ideeder Intentionalität28 fasstdasmenschlicheBewusstseinalsstetsge-
richtetauf.Es ist,unddamitweichtSartremitHusserlvonDescartes’ ‚Irrtumdes
Substantialismus‘ („erreur substantialiste“) ab, imGegensatz zudessen res cogi-
tans keine denkendeMaterie, sondern ganz ohne Substanz; weder kann esmit
sichnochmitdemintendiertenObjekt ineins fallen:
Wennman sagt, das Bewußtsein ist Bewußtsein von etwas, so bedeutet das, daß es für
dasBewußtsein kein Sein gibt außerhalbdieser präzisenObligation, offenbarende Intui-
tion von etwas zu sein, dasheißt von einem transzendentenSein. […]Wasmanwirklich
Subjektivität nennen kann, ist das Bewußtsein (von) Bewußtsein. Aber dieses Bewußt-
sein, Bewußtsein (zu sein), muß sich irgendwie qualifizieren, und es kann sich nur als
offenbarendeIntuitionqualifizieren,andernfalls ist esnichts.29
(Direque laconscienceestconsciencedequelquechosecelasignifiequ’iln’yapasd’être
pour laconscienceendehorsdecetteobligationprécised’être intuitionrévélantedequel-
que chose, c’est-à-dire d’un être transcendant. […] Ce qu’on peut nommer proprement
subjectivité, c’est la conscience (de) conscience.Mais il fautque cette conscience (d’être)
conscience se qualifie en quelque façon et elle ne peut se qualifier que comme intuition
révélante, sinonellen’est rien.)30
DieLeerstelledesBewusstseins,beiSartrepour-soi (Für-sich), istnichtwenigerals
die Freiheit des Menschen, welche somit keine besondere Verfassung darstellt,
sondern die unhintergehbare Bedingung seiner Existenz, die er verleugnen oder
annehmenkann. IndasSein,diedinglicheWeltalsTotalitätdesAn-sich („totalité
de l’En-soi“31), tritt erst mit demmenschlichen Bewusstsein das Nichts. Dieses
Nichts, quasi ein Loch imSein („trou d’être“), versteht Sartre als einen (das Für-
24 Sartre:LaNausée,S. 185.
25 EdmundHusserl:PhilosophiealsstrengeWissenschaft.FrankfurtamMain1965,S. 22.
26 Sartre:DerEkel,S. 149 (Hervorhebung imOriginal).
27 Sartre:LaNausée,S. 186 (Hervorhebung imOriginal).
28 Cf. Jean-Paul Sartre: Une Idée fondamentale de la „phénoménologie“deHusserl, l’Inten-
tionnalité. In:LaNouvelleRevueFrançaise27 (1939),Nr. 304,S. 129–132.
29 Jean-Paul Sartre:Das SeinunddasNichts.Versuch einer phänomenologischenOntologie.
Hg. von Traugott König, Deutsch von Hans Schöneberg und Traugott König. (Gesammelte
Werke inEinzelausgaben,PhilosophischeSchriften3.)Reinbek1991,S.35f.
30 Sartre:L’Êtreet leNéant,S. 28.
31 Sartre:Carnetsde ladrôledeguerre,S.400.
24 3 GrundlagenundGründungsmythen
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur