Seite - 68 - in Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Bild der Seite - 68 -
Text der Seite - 68 -
Kriegnicht vergessen,man ihmaber trotzdemmit einemGeistderToleranzund
Höflichkeit („espritdetoléranceetdecourtoisie“)begegnensolle:
Eine rigorose Säuberungder prodeutschenElemente ist unerlässlich, dennÖsterreich stand
starkunterHitlersEinflussundseineWirtschafthatsogar ingroßemAusmaßvondenVortei-
len,die ihmdie intensiveAufrüstungdesLandesverschaffthat,profitiert. Es istdaherange-
messen, aus der Verwaltungwie auch aus den Spitzenpositionen derWirtschaft sorgfältig
allePersonenzuentfernen,dieaufgrund ihrerbisherigenHaltungunserenEinflussbekämp-
fenoderbehindernundsichderUmsetzungunsererPolitikwidersetzenkönnten.32
(Uneépuration rigoureusedesélémentspro-allemandsest indispensable, car l’Autrichea
subi fortement l’influencehitlérienneet sonéconomieamêmeprofiter [!], dansune large
mesure, des avantages que lui a procurés le réarmement intensif du pays. Il convient
donc d’éliminer soigneusement de l’administration aussi bien que des postes dirigeants
de l’économie toutes les personnalités qui pourraient en raison de leur attitude passée,
combattreougênernotre influence,et s’opposerà la réalisationdenotrepolitique.)33
Die französischeBesatzungsmacht, die laut Klöckler über kein vorgefertigtes Pro-
grammzurEntnazifizierungverfügte undbei der Chaos, Kompetenzgerangel und
Improvisation an der Tagesordnung standen34– nach dem involvierten Manès
Sperber ein „Gemisch vonUninformiertheit und Einsichtslosigkeit“35– folgt grob
den vier ‚D’s‘ der USA (Denazifizierung, Demilitarisierung, Dekartellisierung, De-
mokratisierung)mit ihrerStrategiederdénazification (personelleSäuberung),dés-
intoxication (kulturelle und geistige Entgiftung), désannexion (rechtliche und
mentale TrennungvomDeutschenReich)unddémocratisation (Demokratisierung
der Gesellschaft). Auf eine erste Entnazifizierungsetappe, die von den jeweiligen
Alliierten in ihrenZonendurchgeführtwird, folgteinemitderösterreichischenRe-
gierunggemeinsame, bis das „ZweiteKontrollabkommen“ vom28. Juni 1946den
WunschnacheinerzügigenWiederherstellungderSouveränitätundUnabhängig-
keit Österreichs unter alliierter Kontrolle Realität werden lässt,36 womit auch die
32 CharlesdeGaulle:DirectivespournotreactionenAutriche. In: JürgenKlöckler:Quellenzu
ÖsterreichsNachkriegsgeschichte in französischenArchiven.Tirol,VorarlbergundWiennach
demZweitenWeltkrieg.Dornbirn1996,S. 12. [Übers.d.Verf.]
33 DeGaulle:DirectivespournotreactionenAutriche,S. 12.
34 Cf. JürgenKlöckler: Ici L’Autriche–PaysAmi! Frankreichunddie Entnazifizierung inÖs-
terreich 1945/46. In: Schuster und Weber (Hg.): Entnazifizierung im regionalen Vergleich,
S.455–472,hierS.455f.,460.
35 Sperber:BismanmirScherbenaufdieAugenlegt,S. 249f.
36 KlausEisterer: La Présence française enAutriche (1945–1946), Bd. 2: Relations humaines,
questions économiques, prisonniersdeGuerre, leProblèmeduTyrol duSud.Französischvon
ChristineHetzenauerundRobert Julien. (ÉtudesAutrichiennes 13.)Rouen2004,S. 143.Zuden
einzelnenEntnazifizierungsphasencf. Klöckler: Ici L’Autriche–PaysAmi!, S. 463–470; sowie
Dieter Stiefel: Entnazifizierung inÖsterreich.Wienet al. 1981.AufderBasis desVerbotsgeset-
68 4 FranzösischeKulturpolitikundersteExistentialismus-Begegnungen
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur