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gend ältere Inhalte als aktuell präsentiert, denn das wirklich Neuewurde „vom
größten Teil des Publikums abgelehnt, diente aber einer kleinenMinderheit von
einheimischen Künstlern und jungen Interessierten zur Stimulation.“61 Das Son-
derheft „Junges Frankreich“ (1946) der Kulturzeitschrift Plan bestätigt den Ein-
druck, dass selbst beim jungen Publikum nur eine kleine Gruppe auf neuere
Literatur eingestellt ist. Auf die Frage nach ihren französischenVorbildern erhält
die Redaktion von österreichischen Kulturschaffenden überwiegend Namen wie
Montaigne,Racine,BalzacundBaudelairealsAntwort.
4.3 Zeitschriften,Buchmarkt,Übersetzungen
UmdenÖsterreicherInnen amWeg zurUnabhängigkeit jene demGeneralgou-
verneur der Militärregierung, Pierre Voizard, vorschwebende Art französisch
geprägterUnantastbarkeit zuverleihen („cette empreinte françaisequi lesmar-
querad’unesortedesceaud’intangibilité“62),müssederEinflussaufdieBevöl-
kerung klassenübergreifend und kontinuierlich angelegt sein, was vor allem
die Presse leisten könne. Nachdem die sowjetrussische Besatzungsmacht ab
dem15.April 1945mitderVeröffentlichungderÖsterreichischenZeitungvoran-
geht,dieUSAabdem27.AugustmitdemWienerKurierundGroßbritannienab
dem18.SeptembermitderWeltpresse folgen,startendieServicesFrançaisd’In-
formation am 12. November 1945 die überregionale Wochenzeitung Wiener
Montag (die 1946zuWeltamMontagwird).63Dasmit 225.000Exemplarenaus-
gegebeneBlatt„informierteunsüberdasmodernste literarischeLeben imAus-
land – über den Streit Sartre/Breton oder den neuen Goncourt – als ob wir
61 Porpaczy: Frankreich–Österreich, S. 277, 276. Porpaczy ergänzt imHinblick auf das alli-
ierte Kulturangebot, das auf die als „anspruchsvoll, gleichzeitig aber als konservativ undmit
Vorurteilen behaftet“ eigeschätztenRezipientInnen abgestimmt ist: „Französisches Kulturgut
auf den österreichischen Geschmack zuzuschneiden war natürlich auch ein Mittel, Propa-
gandanichtalssolcheerscheinenzu lassen.“ (S. 73.)
62 HautCommissariat:DeuxAnsetdemideprésence françaiseenAutriche,S. 10.
63 Nach Kriegsende herrscht zunächst ein allgemeines Publikationsverbot (Schließung von
Druckereien und Verlagshäusern, Auflösung aller Redaktionen), woraufhin Periodika nur mit
Erlaubnis der jeweiligen Besatzungsmacht erscheinen durften. Im Jahr 1945werden insgesamt
32Tages- oderWochenzeitungengegründet, achtdavonvoneinerderalliiertenMächteheraus-
gegeben. Cf. Fritz Hausjell: Entnazifizierung der Presse in Österreich. In: Meissl, Mulley und
Rathkolb (Hg.): Verdrängte Schuld, verfehlte Sühne. Entnazifizierung in Österreich 1945–1955.
(SymposiondesInstituts fürWissenschaftundKunst,Wien,März1985.)Wien1986,S.171–201.
4.3 Zeitschriften,Buchmarkt,Übersetzungen 75
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur