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Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
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Freiheitsbegriff wendet, der verwaschen sei, da man sich nicht „im luftleeren Raum“befinde,sondern„gesellschaftlichbedingt“sei: Hans sagt, er steht über dem luftleeren Raumder Normalbürger, in demman leicht er- stickt.DieMutter säbelt Brot ab, […] und gibt ihrem irgendwie unrichtig geratenen Sohn zu bedenken, daß er sich gerade dadurch zumBürgermacht. Indemdu dich scheinbar über seinWertsystem stellst, erkennst du es an. Esmacht dich blind gegenüber Elend. Schondaßduüber ‚denMenschen‘ redest, ist einVerbrechen, denndiesenuniversellen Menschengibt esnicht, nie undnimmer, es gibt denArbeiter undesgibt denAusbeuter des Arbeiters und dessenHelfershelfer. Hans sagt, der Rainer sagt, es graust einembei der Vorstellung, ein Teil von einemGanzen zu sein.Weilman immer ein einzelner und vollständigallein,dabeiaberunverwechselbar ist,wasstärkt.136 Auchwennwährend der Handlungszeit des Romans, 1959, Sartres Auseinan- dersetzung mit dem historischen Materialismus seine Freiheitsauffassung längstbeschränkthat,nimmt Jelinekden frühenSartre, derdenKommunistIn- nendiegrößteAngriffsflächegebotenhat,alsFolie.Rezeptionsgeschichtlicher- gibt dies Sinn, denn Anknüpfungspunkt für die junge Generation bleibt weit über die Erstaufnahmedes Existentialismushinaus derVorkriegsschriftsteller, der Einzelgänger („homme seule“137) Sartre. Dessen Helden verkörpern, wie auch jene vonCamus oderMalraux, das „‚tragische Lebensgefühl‘ sei esmehr nietzscheistischer oder heideggerscher Art“,meint 1946 der Direktor des Inns- brucker Institut Français Maurice Besset, und somit letztlich eine „Sehnsucht nach Selbstverwirklichung“138. Vielen existentialistischen HeldInnen glei- chend, sprechenausdenvon Jelinekgezeichneten „verschwommenenExisten- zen“ Einsamkeit, Hass, Ekel, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, „Berge der Angst“139undVerachtung.Siehaltendas IdealeinesextremenIndividualismus aufrecht unter Berufung auf den Existentialismus als eines jener „Zaubersys- teme,mit denenman imWesten die Einsamkeit der Individuen in eine Form 136 Jelinek:DieAusgesperrten,S. 229.DieseeinzigemiteinempolitischenBewusstseinausge- stattete Figur spiegelt nachDagmarC.G. Lorenz „the author’s own ideological predicament“, auchwenn Jelinekauf fiktionalemBoden ihre„dissatisfactionwithanyexisting socialist soci- ety“ in der Aussichtslosigkeit von Frau SeppsAnliegen lächerlichmacht. Lorenz: Elfriede Je- linek’s Political Feminism:DieAusgesperrten. In:ModernAustrianLiterature 23 (1990),Nr. 3/ 4, S. 111–119, hier S. 114, 115. Zu Jelineks KPÖ-Mitgliedschaft zur Zeit des Verfassens vonDie Ausgesperrten cf. das Interview:DerMensch ist eineRatte. In: Sichrovsky (Hg.): Einblicke.Be- gegnungenundPorträts.Wien1990,S. 181–187. 137 Sartre:Autoportraitàsoixante-dixans,S. 180. 138 MauriceBesset: JugendundLiteratur in Frankreich. In: Plan 1 (1946), Nr. 11, S. 920–925, hierS.924. 139 Jelinek:DieAusgesperrten,S. 215, 243;cf.S. 153. 122 5 DerExistentialismusalsSubkultur
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Existentialismus in Österreich Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Titel
Existentialismus in Österreich
Untertitel
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Autor
Juliane Werner
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-068306-6
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
378
Kategorie
Kunst und Kultur
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