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terpretiert wird.“70 Für den akademischenBereich hingegen gilt dies bisMitte
der fünfziger Jahre nicht. Nachdem es schon der kritischen Arbeit fast dreier
Jahrzehnte bedurft habe, „diesen einzigartigenDichter gegenApathie undWi-
derstandder offiziellen Literaturbonzen“71 durchzusetzen, so derPlan-Heraus-
geber und frühe Kafka-Propagator Otto Basil 1946, braucht es eine bekannte
französischeMittlerpersönlichkeit,umihnschließlichanderUniversität zueta-
blieren. DerWiener Germanist Helmut Birkhan erinnert sich, wie Kafka zuvor
von allen „geschnitten“wurde: „Erst ein Gastprofessor, den uns das französi-
scheKulturinstitut zurVerfügunggestellthat,ProfessorSusini,hat einevielbe-
suchteKafka-Vorlesunggehalten.“72
6.2 Kontinuitätals/stattNeuanfang
WirddasVorbildKafkas,MusilsoderBrochs„fürdiemeistennach1945Schrei-
benden verbindlich“73, wieWendelin Schmidt-Dengler anmerkt, so sind damit
vorrangig jungeAutorInnengemeint,dieerst indensechziger JahrenbeiPubli-
kumundKritikwirklichGehör finden.BisdahinerlebenweiteTeileder literari-
schen Landschaft eine „Restauration katholischen Geisteslebens“74. Forciert
70 tbg. [FriedrichTorberg]: Zur 30.WiederkehrdesTodestagesvonFranzKafka. In:FORVM1
(1954),Nr. 6,S. 19.Cf. SabinaReiter:DieWiederentdeckungKafkas. In:Hay (Hg.): Zur literari-
schen Situation 1945–1949, S. 252–269; sowie Reinhard Urbach: Aspekte literarischer Kafka-
Rezeption inÖsterreich. In:Schmidt-Dengler (Hg.), unterMitwirkungvonKranner:Wasbleibt
von Franz Kafka? Positionsbestimmung. Kafka-Symposion, Wien 1983. (Schriftenreihe der
Franz-Kafka-Gesellschaft 1.)Wien21985,S. 199–210.
71 OttoBasil:FranzKafka. In:Plan1 (1946),Nr.4,S.310–312,hierS.310.
72 Irene Ranzmaier: Germanistik an der Universität Wien zur Zeit des Nationalsozialismus.
Karrieren, Konflikte und dieWissenschaft. (Literaturgeschichte in Studien und Quellen 10.)
Wien,Köln,Weimar2005,S. 190f.
73WendelinSchmidt-Dengler:Vorwort. In:NachbaurundScheichl (Hg.): LiteraturüberLite-
ratur,S. 11–24,hierS. 15.
74 Friedrich Stadler: Kontinuität und / oder Bruch? Anmerkungen zur österreichischenWis-
senschaftsgeschichte 1938 bis 1955. In: Stadler (Hg.): Kontinuität und Bruch, S. 9–23, hier
S. 11.DurchdasAnknüpfenanVorkriegstraditionen ist dasKriegsende„weniger fürdieöster-
reichische Literatur als für die österreichische Literaturgeschichte ein JahrNull“ (Hahnl: Von
der Diskreditierung der Ideologien, S. 159), wobei ohnehin ‚Stunde Null‘, ‚tabula rasa‘ und
„Stichwörter dieser Art meist bewußt vermieden“würden. JosephMcVeigh: Kontinuität und
Vergangenheitsbewältigung inder österreichischenLiteraturnach 1945. (Untersuchungenzur
österreichischenLiteraturdes 20. Jahrhunderts 10.)Wien 1988, S. 53. Cf. auchBizeulundWo-
dianka (Hg.):MythosundTabula rasa.NarrationenundDenkformender totalenAuslöschung
unddes absolutenNeuanfangs. Bielefeld 2018, vor allemdieBeiträge „1940–DieNiederlage
als Ursprungsort politischer Mythen in Frankreich“ vonMatthiasWaechter (S. 111–124) und
160 6 StimmenderGegenwart:ExistentialistischeLiteratur
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur