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Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
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Vergangenheit. Das in seinemTodendendeNein „ist rückführbar auf dasFak- tum,daß ichdasÜberstehennichtüberstehenkann“: Es gab seither keine Jasagemehr: das Reich des Todes hatte sich aufgetan in derWelt. […] DieWidersinnigkeit meiner Existenz stand inmir selbst vormir. Warum spielte ich das längstverloreneSpielnochmit?Warumkorrespondierte ichmitVerlegernundFunk- stationen, nahm läppischeTagessorgenblödsinnig ernst?Warumspielte ichdenSchrift- steller, ich, der in irgendeinem längst durchpflügten Massengrab hätte seinen Platz findensollen?201 Der Tod ist jenseits „der Logikdes Lebens“, jenseits desGewohnheitsdenkens; durchdasTodesurteil–obvomIch selbst oder vomAnderenausgesprochen– wirddas Individuum „frei,wenngleich auf eineungeheuerlicheWeise“, nichts geltemehr,weshalbdie „Fahrt zurück insUnfreie“ fürAméry „etwasVernich- tendes“202 hat. In seinem EssayHand an sich legen: Diskurs über den Freitod (1976) diskutiert er die von Camus’ als einziges wirklich ernstes philosophi- sches Problem („problème philosophique vraiment sérieux“203) bezeichnete Selbsttötung. Vor diesem Problem steht das Individuum laut Camus’ Essai Le Mythe de Sisyphe nach der Konfrontationmit demAbsurden, bei dem es sich um die Vergeblichkeit des menschlichen Vernunftanspruchs gegenüber dem 201 Améry: Lefeu oderDerAbbruch, S. 130, 186f. LefeusGeschichte kehrt (ohnedirektenVer- weis) zwei Jahrzehnte später sehr deutlich imRoman Levys neue Beschwerde (Graz 1989) des GrazerAutorsGabrielLoidoltwieder, indemeinausEuropastammender, inNewYork lebender jüdischer Schriftsteller sich ebenfalls mit tödlichem Ausgang der Räumung seiner ärmlichen Wohnungwidersetzt und seineHartnäckigkeit auf die „Lagerhaft imDritten Reich“ (S. 15) zu- rückführt.ExistentialistischeVersatzstücke findensichvereinzelt auch inLoidoltsProsaLeucht- turm (1988) oderHurensohn (Berlin 1998), dessen erster Satz lautet: „Ich habe meine Mutter umgebracht, meine allerliebste Mutter!“ (S. 5), erinnernd an Camus’ Auftakt „Aujourd’hui, mamanestmorte“ (S. 9) inL’Étranger.Daraufangesprochen,antwortetLoidolt:„Alsomir ist es nicht aufgefallen. Ichwollte so anfangen, dassman vomersten Satz so gefesselt ist. Ich habe mir gedacht, das ist gut, vielleicht habe ichdasunbewusst gewählt, dass es soähnlichwiebei Camusklingt“.WernerSchandor:DerUnderdog. In:Schreibkraft,Nr. 2/3 (1999).https://schreib kraft.adm.at/ausgaben/02-wiederkehr/der-underdog(einges.03.01.2019). 202 Améry:Handansich legen,S.24, 136, 147. 203 Camus:LeMythedeSisyphe,S. 15.Camus’NamefälltbisweilenohneweiterenZusammen- hang inVerbindungmitdemSuizid-Topos,wie inMichaelKöhlmeiersTrilogieder sexuellenAb- hängigkeit (Innsbruck, Wien 1996, S. 27): „Warum ist diese Stadt so selbstmörderfeindlich? PraktischkeineBrücken,keineoffenenSchienen…DasitzendieGrünenimStadtrat,undnichts geschieht indieserRichtung…OGott,wiegernhätte ichCamuspersönlichkennengelernt!“ 6.3 LiteraturunterdemGalgen:Grenzsituationen 183
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Existentialismus in Österreich Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Titel
Existentialismus in Österreich
Untertitel
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Autor
Juliane Werner
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-068306-6
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
378
Kategorie
Kunst und Kultur
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