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Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
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Äußersten [geht].“394 Zweifel gegenüber der Realisierbarkeit der von Sartre pro- pagiertenReinigung („nettoyage“) der Sprache finden sich inBachmannsProsa dennoch fortwährend. Sprache, für Sartre Basis des Für-Andere-Seins („l’être- pour-autrui“395), bleibt hier ein Ort von Missverständnissen: „Zwischentöne“, „Halbheiten“ und „Zweideutigkeiten“396 erschweren die Kommunikation mit demAnderen, siewerdender Realität nicht gerecht, begehen gar einen „Mord- versuch anderWirklichkeit“397. Die Zustände ließen sichnicht verändern ohne Mitveränderung der einzig verfügbaren „Gaunersprache“: „Keine neue Welt ohneneueSprache.“398 InBachmannsErzählung „Dasdreißigste Jahr“heißt es erklärend: DieAbschaffungvonUnrecht, vonUnterdrückung, jedeMilderungvonHärten, jedeVer- besserungeinesZustandeshältdochnochdieSchimpflichkeit voneinst fest.DieSchänd- lichkeit, durch das Fortbestehen derWorte festgehalten, wird dadurch jederzeit wieder möglichgemacht.399 Wie zum Beweis beschreibt die Erzählung „Unter Mördern und Irren“ aus der Sammlung Das dreißigste Jahr eine in einemMord endende Herrenrunde von Weltkriegsopfernund -tätern,unterdenenLetzteremehrheitlich„leugnetenund verschleierten“undsichdieSprachezumKomplizenmachten:„daknäuelt er in seinemMundHumanität,bietetZitateausdenKlassikernauf,bietetdieKirchen- väter auf unddie neuestenmetaphysischenPlatitüden.“400 Dass sich „das fort- schwelende Unheil“ äußert, als wäre es „das Heil“, dass also demFaschismus sprachlichweiterhin „Asyl“ gewährt wird, ruft Adornos „Jargon der Eigentlich- keit“wach,mit demdieAusdrucksweise von Jaspers, Heidegger, Otto Friedrich Bollnow, aberauchder französischenNachkriegsexistentialistInnengemeint ist, die über „eine bescheidene Anzahl signalhaft einschnappender Wörter“ wie „existentiell, ‚inderEntscheidung‘,Auftrag,Anruf,Begegnung,echtesGespräch, 394 Bachmann: [ThomasBernhard:]EinVersuch.Entwurf,S. 361f. 395 DerMensch stehe „mit demAnderndurchdie Sprache indirekterVerbindung“ („en liai- sondirecteavecautruipar le langage“), er seiSprache:„DieSprache istkeindemFür-Andere- sein hinzugefügtes Phänomen: sie ist ursprünglich das Für-Andere-sein, das heißt das Fak- tum, daß eine Subjektivität sich als Objekt für die andere erfährt.“ („Le langage n’est pas un phénomène surajouté à l’être-pour-autrui: il est originellement l’être-pour-autrui, c’est-à-dire le fait qu’une subjectivité s’éprouve comme objet pour l’autre.“) Sartre: Das Sein und das Nichts,S.477,652 (Hervorhebung imOriginal). (Sartre:L’Êtreet leNéant,S. 304,412.) 396 Bachmann:Dasdreißigste Jahr,S. 124. 397 IngeborgBachmann: Ein Schritt nachGomorrha. In: Bachmann: SämtlicheErzählungen, S. 187–213,hierS. 208. 398 Bachmann:Dasdreißigste Jahr,S. 112, 132. 399 Bachmann:Dasdreißigste Jahr,S. 132. 400 Bachmann:UnterMördernundIrren,S. 176, 177f. 6.4 LittératureengagéezwischenSprachskepsisundEngagement 221
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Existentialismus in Österreich Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Titel
Existentialismus in Österreich
Untertitel
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Autor
Juliane Werner
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-068306-6
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
378
Kategorie
Kunst und Kultur
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