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Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
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Vor allemWort undWahrheit, eine vonOttoMauer undOtto Schulmeister her- ausgegebene, auf die Modernisierung der katholischen Kirche zielende „Mo- natsschrift für Religion und Kultur“, liefert, wenn auchmeist kopfschüttelnd, die umfänglichstenAuseinandersetzungenmit Sartres Schriften. Federführend ist hier der unter dem PseudonymGotthardMontesi aktive Anton Böhm, der besondersanderNegativitätdesExistentialismusAnstoßnimmt: WennSartreunsmitteilt,daß ihmundseinenHeldendasSeinoderdieExistenzEkelein- flößt, sohabenwirdasmitBedauernzurKenntnis zunehmen. […]Warumaber ist esge- rade der Ekel und sind es auch sonst die negativen, eine Verneinung enthaltenden, ein Nichts anzeigenden Erfahrungen, wie Angst, Verzweiflung, Scham, Langeweile, durch die Sartre das Sein erscheinen läßt?Warumwählt er dazu nicht positive Seinserfahrun- gen,wie Freude, Staunen,Begeisterung, Schönheitsgefühl–oder Liebe? […] Es gibt dar- auf nur eine Antwort: weil da eben keine Liebe ist, keine starke und aufrichtige Bejahung, sonderneinurgründigesNeingegendieExistenz, eineverborgene, irrationale AblehnungdesSeins indenTiefenderSeele.132 Auf der Basis dieser Gemütsverfassung vermag „das schwelgerischeVerweilen des Romanschreibers Sartre beim Scheußlichen, Widerlichen, Befleckten, Er- bärmlichen, Korrupten, Gemeinen, Verfaulenden“133 nicht mehr zu verwun- dern. Dass solche speziell in katholischen Periodika vorkommende Drastik nicht rein konfessionell bedingt ist, beweist 1948 die sozialdemokratischeAr- beiter-Zeitungmit folgendemKommentarzurexistentialistischenLehre: Gleichzeitig sieht sie dieseWelt, denMenschen also, als große Eiterbeule an, in dermit wahrerWollust herumgewühltwird, so daß auch das kleinste Stückchen reinerHimmel vonpestilenzialischenWolkenverhülltunddieWelt zueiner irrenHöllewird, erfüllt von WahnsinnsschreienundverfaultemAuswurf.134 132 GotthardMontesi: Sartre unddie SartristenoderHybris undErniedrigungdesMenschen. In:Wort undWahrheit 7 (1952), 2. Halbjahr, S. 656–674, hier S. 669. Dass diese Ausrichtung derKritik auch inFrankreichnicht unbekannt ist, lässt Vian schonmit demTitel seinesArti- kels„Sartreet lamerde“ (S. 261f.)wissen:„Siewerfen ihmkollektivdieErbrochenengeschich- ten vor, dieman tatsächlich da unddort finden kann in denWerken des Flore-Priesters […]. Uns scheint, dass diese oberflächlichen Exegeten einen groben Fehler begehen, indem sie demAutor […] ausschließlicheineVorliebe füralles,wasmitLatrinenzutunhat, zuschreiben. Sie haben ihmnie vorgeworfen, denblauenHimmel zu lieben.Aber Sartre sprichtmanchmal auch davon.“ [Übers. d. Verf.] („Ils lui reprochent, conjointement, les histoires de vomi que l’on trouve, il est vrai, çà et là dans lesœuvres duprêtre de Flore […]. Il nous paraît que ces exégètes superficiels commettent une erreur grossière en attribuant […] à l’auteur, des pré- férencesexclusivement latrinaires. Ilsne luiont jamais reprochéd’aimer lecielbleu.Or,Sartre enparlequelquefoisaussi.“) 133 Montesi:SartreunddieSartristen,S.669. 134 hub.:OrgiedesFlagellantismus. In:Arbeiter-Zeitung, 11.05.1948. 256 7 DiePhilosophiedesExistentialismus inForschung,LehreundKritik
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Existentialismus in Österreich Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Titel
Existentialismus in Österreich
Untertitel
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Autor
Juliane Werner
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-068306-6
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
378
Kategorie
Kunst und Kultur
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