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8 SartreundderkulturelleKalteKrieg
EinWortzunächstüberWien:eineschönetoteStadtmitverlassenenStraßen.
(UnmotsurVienne,d’abord:unebellevillemorte,auxruesdésertes.)
Jean-PaulSartre,„Wasich inWiengesehenhabe, istderFrieden“.
(„Ceque j’aivuàVienne,c’est laPaix“.)
JeanPaulSartre tritt,wiezueinemKongreß,zurTürherein.
Wirbefragen ihnüberdieWeltunddieHölle.
Sartres Antwort: ‚Die Welt versteht unter Welt Welt, und bis dorthin reicht meine
Kompetenz.‘
Anschließendwache ichauf.
AndreasOkopenko,Traumberichte.1
8.1 DieBühneals Ideen-Umschlagplatz
NachsiebenmonatigerSperrungbeginnendieWienerTheater–„einigesindhalbe
oder ganzeRuinen“– vonNeuem, allerdingsnichtmitNeuem, sondernmit dem
Programm „des guten alten Theaters“, so der Journalist AdelbertMuhr, der auch
die ‚richtigen‘ZuschauerInnenvermisst,dieStückewürdenineinen„geistig leeren
Raum“2hineingespielt.DasFehlenderurbanenjüdischenBevölkerungmachtsich
hier nach Sperber bemerkbar: „Wien hatte sich in der Nazizeit provinzialisiert –
Wiener,die inKleidungundGehabenProvinzlernglichen,bildetennundieMehr-
heit des Publikums.“3 Die großen Häuser setzen auf Bewährtes, ergänzt durch
„‚Mariandln‘ ausländischer Provenienz“4, stellt Herbert Eisenreich fest. „Konser-
vierung undKonservatismus geben den Ton an“, resümiert 1952HansWeigel in
der vonMelvinLaskyherausgegebenenZeitschriftDerMonatdiekulturelle Situa-
tionÖsterreichs,die rühmlicheAusnahmestellten jungeTheatermacherInnendar,
die „mitwechselndemGlück“unter anderemSartre, Obey,WeisenbornundBor-
1 Im Traum erscheint Sartre auch der Figur Jakob in Johannes Mario SimmelsHurra –wir
lebennoch! (Locarno1978, S. 163):„UnserFreundschlief sehrunruhig indieserNacht. Immer
wieder schreckte er aus gräßlichen Alpträumen auf. In ihnen sprachenmit ihm vertraulich
Herren, die er nicht kannte, nie gesehen hatte, von denen er nicht das geringstewußte. Die
HerrenhießenEgmontWilder,RegerAnouilh,GiovanniSartreundDonSchönberg…“.
2 AdelbertMuhr:Wiener Theater. Sofern es europäisch und zeitgemäß ist. In: Plan 1 (1945),
Nr. 2,S. 154–158,hierS. 154.
3 Sperber:BismanmirScherbenaufdieAugenlegt,S. 270.
4 Eisenreich:Prominentevonuntengesehen. In:DieZeit, 26.02.1953.
OpenAccess.©2021 JulianeWerner,publiziertvonWalterdeGruyter. DiesesWerkist
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https://doi.org/10.1515/9783110683066-008
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur