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Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
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für die Sowjetunion und sein Bruchmit ihr lassen sichmit Alfred Betschart als „vonbesondererRadikalität“228einschätzen. Die Idylle zwischen Sartre und der Parti Communiste („idylle sartre-com- muniste“229) hält nur vier Jahre: Schonangekratzt durchUneinigkeiten bezüg- lich des Algerienkrieges 1954, zerbricht sie am sowjetischen Einmarsch in Ungarn 1956230 (und vollends 1968 in Prag).231 Améry, der Sartre in „getreuer Gefolgschaft“232 und nach eigenen Angaben mehr oder weniger mechanisch folgt und sich erst zu Zeiten der Critique de la raison dialectique (1960) über „die Fragen von Revolution und Violenz“233 von ihm löst, verortet Sartres 228 Betschart:SartreunddieSowjetunion,S.56. 229 Cohen-Solal:Sartre,S.569. 230 Es ist dies eineZäsur für vieleGleichgesinntewieGüntherAnders, der sichSartre gegen- über „[s]olidarischmit IhrerDesolidarisierung“ erklärt. In seinemBrief vom4.Dezember 1956 versuchtAndersüberdies (untypischerweise indeutscherSprache), Sartre zueiner „Rettungs- aktion“ für Georg Lukács zu bewegen, von demman zuletzt gehört habe, er sei Teil der ver- schwundenen Gruppe Nagy: „Hier inWien ist aber nichts zu tunmoeglich. Einmal deshalb nicht, weil es garkeine von Parteien unabhaengige ‚Intelligentsia‘ hier gibt; und weil jeder Angsthat, sich [durch]dieTatsache,dasserdenoder jenenzu rettenversucht, selbst zugefa- ehrden“. Briefwechsel Günther Anders– Jean-Paul Sartre. 25.09.1945–17.07.1970. Literaturar- chivderÖsterreichischenNationalbibliothek,Wien(LIT),Sign.: 237/B1508. 231 Der Bruch von 1956 ist kein vollständiger. Der Journalist François Fejtö, dessen Betrach- tungen in La Tragédie hongroise (Paris 1956) Sartre in einem „Lettre-Préface“ (S. 13–15, hier S. 15) alsWahrheit („la vérité“) überUngarn bezeichnet,wundert sich, dass der Autor einige Monate später wieder „an denVersammlungen der Sowjetisch-Französischen Freundschafts- gesellschaft“ teilnimmt. Sartre habe ihm erklärt: „‚Mein Lieber, Sie wollen nicht verstehen, daß ich ein Revolutionär bin. Ich will die Revolution in Frankreich. Wie glauben Sie, kann maninFrankreichohnedieKommunistenunddieKommunistischeParteieineRevolutionma- chen?‘“Fejtö, imGespäch (1998)mitUlrikeAckermann. In:Ackermann:Sündenfall der Intel- lektuellen.Eindeutsch-französischerStreitvon1945bisheute.Stuttgart 2000,S. 102. 232 Jean Améry: Revision in Permanenz. Selbstanzeige im Zweifel (1977). In: Améry: Werke, Bd.7:AufsätzezurPolitikundZeitgeschichte.Hg.vonStephanSteiner.Stuttgart2005,S.568–572, hierS.569. 233 Améry: LefeuoderDerAbbruch, S. 162. DerAkt derGegengewalt, denAméryhier disku- tiert, mit großemVerständnis für die „Zurücknahme des Erlittenen durch den Akt des Erlei- den-Machens“ (S. 134), könne keineMaxime sein.Was Sartre imVorwort von Frantz Fanons DieVerdammtendieserErdevorschlägt, empfindeteralsunmöglich:„[W]ennSartre sagte,mit derExekutioneinesKolonialherrnstürbenzwei:derHerrundderKnecht,dann istdasnurdie Pointe, nicht aber ein gesellschaftlich mögliches Programm.“ (S. 142) Sartre impliziert hier, dass der Unterdrückende durch seine dehumanisierenden kolonialistischen Praktiken selbst auchunterdrückt ist:„[E]inenEuropäererschlagenheißtzweiFliegenaufeinmal treffen,näm- lich geleichzeitig einen Unterdrücker und einen Unterdrückten aus der Welt schaffen. Was übrigbleibt, ist ein toter Mensch und ein freier Mensch.“ („[A]battre un Européen c’est faire d’unepierre deux coups, supprimer enmême tempsunoppresseur et unopprimé: restent un 310 8 SartreundderkulturelleKalteKrieg
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Existentialismus in Österreich Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Titel
Existentialismus in Österreich
Untertitel
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Autor
Juliane Werner
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-068306-6
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
378
Kategorie
Kunst und Kultur
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