Seite - 195 - in ExtremA 2019 - Aktueller Wissensstand zu Extremereignissen alpiner Naturgefahren in Österreich
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© 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783847110927 – ISBN E-Lib: 9783737010924
Im alpinen Bereich muss speziell auf die Schutzfunktionen des Waldes
Rücksicht genommen werden, da durch seine Zerstörung nachteilige Folge-
wirkungen auf gravitativeNaturgefahrenwieErosion, Steinschlag,Murenund
Lawinen zu erwarten sind (Sass et al., 2012). In Abhängigkeit vom Standort
(geologisches Ausgangssubstrat, Boden, Neigung, Topografie), der Vegetation
(Baumarten, Vegetationstyp, Bestandesstruktur, Altersklassen) und den ge-
troffenen waldbaulichen Maßnahmen, gibt es unterschiedliche Sukzessions-
pfade und Zeitspannen bis zurWiederherstellung desWaldes. Besonders un-
günstigfürdieRegenerationsindsteileHängedersubalpinenStufemitgeringer
HumusauflageaufKarbonatgestein.WennhierdieorganischeBodenauflagebei
Schwelbränden verbrennt (oder auch durch Löscharbeiten abgetragen wird),
kann eine extrem langfristige Schädigung (Jahrzehnte bis Jahrhunderte) die
Folgesein.Wichtig ist in jedemFall einevorausschauendeundandieSituation
angepasstewaldbaulicheBehandlungdergeschädigtenFlächen.
Eine rascheAussaat vonstandortangepasstenGras-undStaudensameneig-
net sichbeispielsweise fürdie kurzfristige Stabilisierung einer erosionsgefähr-
detenFläche, vorausgesetzt, dassnachdemFeuer eine intakteBodendecke zu-
rückgeblieben ist. Bei erheblicher Schädigung sollten Pflanzungenmit stand-
ortsangepasstenBaumartendieNaturverjüngungunterstützen. ImFallmassiv
geschädigter oder toter Bäume ist zwischen einer Entfernung der betroffenen
Individuen und einem Belassen im Bestand abzuwägen. So wirkt stehendes
Totholz noch einige Jahre schützend vor gravitativenNaturgefahren, anderer-
seits könnengeschwächteBäume(z.B. durchversengteNadeln) vonSchädlin-
gen wie Borkenkäfern befallen werden. Zu beachten ist auch, dass manche
Baumarten wie die Schwarzkiefer (Pinus nigra) gegenüber Bodenfeuern eine
hohe Resilienz aufweisen, weil ihre dicke Borke das lebende Gewebe vor den
hohen Feuertemperaturen schützt. Auf einer Brandfläche in Niederösterreich
konntebeobachtetwerden,dassSchwarzkiefernselbstmit60–70%versengtem
Kronenanteil nocheineguteÜberlebensrate aufweisen.
Insbesondere in Objektschutzwäldern können neben waldbaulichen Maß-
nahmennachdemBrandauchtechnischeSchutzmaßnahmenerforderlichsein,
wieesetwainAbsam2014derFallwar.NurdurchdenEinsatzvonSchneerechen
undSchneeböcken ist esmöglich, die jungeBaumvegetationamHangunddie
darunterliegende Infrastruktur vorSchneebewegungenzuschützen.Zudemist
ein laufendes Monitoring der Brandfläche vorteilhaft, etwa hinsichtlich der
Überlebenswahrscheinlichkeit geschädigter Bäume und der Entwicklung der
Vegetation.EbensosollteneventuelleErosionserscheinungenunddasAuftreten
biologischer Schädlinge (Borkenkäfer, Pilze) überwacht werden. Daneben gilt
ein Hauptaugenmerk demWildeinfluss. Auf vielen Brandflächen werden am
Jungwuchsmassive Verbiss- und Schälschäden beobachtet, die oft nur durch
eine intensiveSchwerpunktbejagungeingedämmtwerdenkönnen.
EinschätzungdesSachstandesundderUnsicherheiten 195
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
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Buch ExtremA 2019 - Aktueller Wissensstand zu Extremereignissen alpiner Naturgefahren in Österreich"
ExtremA 2019
Aktueller Wissensstand zu Extremereignissen alpiner Naturgefahren in Österreich
- Titel
- ExtremA 2019
- Untertitel
- Aktueller Wissensstand zu Extremereignissen alpiner Naturgefahren in Österreich
- Autoren
- Thomas Glade
- Martin Mergili
- Herausgeber
- Katrin Sattler
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1092-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 778
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute