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© 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783847110927 – ISBN E-Lib: 9783737010924
Felswände, Gipfel und Schutthalden, abhängig von ihrer Schneebedeckung,
wärmerwerdenundvermehrt bis in großeTiefen auftauen.Gemessene Bohr-
lochtemperaturen in europäischenGebirgen zeigen einedeutlicheErwärmung
bis in 60–80m Tiefe, die als Folge des Temperaturanstiegs seit der Kleinen
Eiszeit interpretiertwerden.DadurchkönnenNaturgefahrenprozesse,wieFels-
stürze oderMuren, entstehen. Verstärkte Kriechbewegungen und Setzungser-
scheinungen sind zudem für die Stabilität von Bauten im Hochgebirge ein
großes Problem; Dutzende Gebirgshütten und Seilbahninfrastrukturen sind
hiervonbetroffen.Besonders indenletztenzweiDekadenhatdieFrequenzvon
kleinerenFelsstürzen zugenommen. ExtremeHitzesommermit spektakulären
Sturzereignissen,etwa2003amMatterhorn(Schweiz)oder2017amPizCengalo
(Schweiz)mit 8Todesopfern, habendieThematikGebirgspermafrost undNa-
turgefahren indenFokusderÖffentlichkeitundForschunggerückt.
Permafrostbedingungen und deren Veränderungen entstehen vor allem
durch konduktivenWärmetransport (Wärmeleitung; ZenklusenMutter et al.,
2010).DieÜbertragungvonWärmeausderLuft indenUntergrundwirddurch
verschiedene Faktoren beeinflusst. Variable Oberflächenverhältnisse (Fels,
Schutt, Schneebedeckung), inhomogene Untergrundbedingungen (Material,
Klüfte, Porenräume, Eisgehalt) undWasser imUntergrundwirken sichdämp-
fend oder verstärkend auf den Wärmetransport aus (Zhang et al., 2001;
Schneider et al., 2012; Marmy et al., 2013). Dadurch bilden sich lokal sehr
heterogeneTemperaturbedingungen aus (Otto et al., 2012). In denAlpen sind
dieUntergrundtemperaturen,bisaufdiehöchstenGipfelbereicherelativwarm,
alsonahe0 8C.
Untergrundtemperaturen reagieren inderRegelmit einer zeitlichenVerzö-
gerung auf Veränderungen der Lufttemperatur.Warme Sommertemperaturen
führenbeispielsweiseerstnacheinigenWochenoderMonatenzuReaktionenin
oberflächennahen Felsschichten (siehe Abbildung02; Hilbich et al., 2008;
ZenklusenMutter et al., 2010). In größererTiefewerdendie Felstemperaturen
von kurzfristigen Schwankungen nicht beeinflusst. Veränderungen, die dort
auftreten, sind das Resultat länger andauernder Trends. Dieses Phänomen ist
relevant fürdieEntstehungvonFels- oderBergstürzen.Währendoberflächen-
nahe, kurzzeitige Temperaturerhöhungen zu kleineren Stürzen führen, entste-
hengroßeEreignisseerst,wennübereinen längerenZeitraumvonJahrzehnten
oder Jahrhunderten die Temperatur zunimmt undPermafrost in großer Tiefe
wärmerwird.
Einführung 541
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
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Buch ExtremA 2019 - Aktueller Wissensstand zu Extremereignissen alpiner Naturgefahren in Österreich"
ExtremA 2019
Aktueller Wissensstand zu Extremereignissen alpiner Naturgefahren in Österreich
- Titel
- ExtremA 2019
- Untertitel
- Aktueller Wissensstand zu Extremereignissen alpiner Naturgefahren in Österreich
- Autoren
- Thomas Glade
- Martin Mergili
- Herausgeber
- Katrin Sattler
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1092-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 778
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute