Seite - 91 - in Faust. - Eine Tragödie., Band 1
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Was seh’ ich? Welch ein himmlisch Bild
Zeigt sich in diesem Zauberspiegel!
O Liebe, leihe mir den schnellsten deiner Flügel,
Und führe mich in ihr Gefild!
Ach wenn ich nicht auf dieser Stelle bleibe,
Wenn ich es wage nah’ zu gehn,
Kann ich sie nur als wie im Nebel sehn! –
Das schönste Bild von einem Weibe!
Ist’s möglich, ist das Weib so schön?
Muß’ ich an diesem hingestreckten Leibe
Den Inbegriff von allen Himmeln sehn?
So etwas findet sich auf Erden?
Mephistopheles.
Natürlich, wenn ein Gott sich erst sechs Tage plagt,
Und selbst am Ende Bravo sagt,
Da muß es was gescheidtes werden.
Für dießmal sieh dich immer satt;
Ich weiß dir so ein Schätzchen auszuspüren,
Und selig wer das gute Schicksal hat,
Als Bräutigam sie heim zu führen!
Faust sieht immerfort in den Spiegel. Mephistopheles, sich in dem Sessel dehnend und mit dem Wedel
spielend, fährt fort zu sprechen.
Hier sitz’ ich wie der König auf dem Throne,
Den Zepter halt’ ich hier, es fehlt nur noch die Krone.
Die Thiere.
welche bisher allerley wunderliche Bewegungen durch einander gemacht haben, bringen dem
Mephistopheles eine Krone mit großem Geschrey.
O sey doch so gut,
Mit Schweiß und mit Blut
Die Krone zu leimen!
Sie gehn ungeschickt mit der Krone um und zerbrechen sie in zwey
Stücke, mit welchen sie herumspringen.
Nun ist es geschehn!
Wir reden und sehn,
Wir hören und reimen;
Faust gegen den Spiegel.
Weh mir! ich werde schier verrückt.
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Faust.
Eine Tragödie., Band 1
- Titel
- Faust.
- Untertitel
- Eine Tragödie.
- Band
- 1
- Autor
- Johann Wolfgang von Goethe
- Datum
- 1808
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 188
- Schlagwörter
- Literatur, deutsch, Deutschunterricht, Lektüre, Mephisto, Teufel, Faustus
- Kategorien
- Weiteres Belletristik