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Einleitung 17
Für die dritte Tagungsperiode des Tridentinums liegen mehrere einander er-
gänzende Quellenpublikationen vor35. Da der auf den Wiener Beständen basie-
rende Band von Sickel insofern ungleichmäßig ist, als der Bearbeiter aus Raum-
gründen bei den Dokumenten aus den Jahren 1562/63 immer stärker zu Auszü-
gen und Raffungen übergegangen ist, habe ich die Wiener Konzilsakten durch-
gesehen, um die Lücken in seinen Texten zu überprüfen.
Die Papiere der verschiedenen diplomatischen Vertreter an Ferdinands Hof
sind, soweit sie ediert sind, selbstverständlich herangezogen worden, insbeson-
dere die der päpstlichen Nuntien, des spanischen Gesandten und der veneziani-
schen Botschafter. Die Berichte des französischen Gesandten (seit 1560) Bo-
chetel sind nur lückenhaft überliefert, Nachforschungen in Paris erbrachten
leider nur eine sehr geringe Ausbeute36. Grundsätzlich ist diesen Quellen ge-
genüber m.E. mehr Zurückhaltung, manchmal sogar erhebliche Skepsis ange-
zeigt, als vor allem die ältere Forschung aufgebracht hat, denn sie sind durch-
setzt mit Gerüchten und Spekulationen. Ferdinand und seine Mitarbeiter haben
die Diplomaten keineswegs immer umfassend informiert und gelegentlich si-
cher absichtlich in die Irre gehen lassen.
Es ist für den Historiker des späten Ferdinand eine bedauerliche Tatsache,
daß eine für die früheren Phasen seiner politischen Laufbahn zentrale Quellen-
gattung nicht mehr zur Verfügung steht. Seine Korrespondenz mit Kaiser Karl
und mit seiner Schwester Maria, die für alle früheren Lebensphasen Ferdinands
wertvollste Aufschlüsse bietet, versiegt mit der Abreise der beiden Geschwister
nach Spanien. Weder sein ältester Sohn Maximilian noch einer seiner Brüder
oder ein anderes Familienmitglied sind für Kaiser Ferdinand entsprechende
Partner eines politischen Briefwechsels geworden, wie er ihn mit den beiden
Geschwistern geführt hatte. Eine wesentliche Möglichkeit, in die Überlegungen
Ferdinands Einblick zu nehmen, entfällt daher für seine letzten Lebensjahre.
Eigenhändige Schreiben Ferdinands an Maximilian oder Herzog Albrecht von
Bayern behandeln meistens nur recht belanglose Angelegenheiten, der Ertrag
steht in keinem Verhältnis zu dem Aufwand, den die mühselige Entzifferung
seiner unleserlichen Handschrift verlangt. Die Korrespondenz mit Philipp II.
ermangelt trotz ständig wiederkehrender Beteuerungen familiärer Zuneigung
jeder Vertraulichkeit; sie hat den Charakter des Verkehrs mit einem politischen
Partner oder auch Gegenspieler. Die Briefe der kaiserlichen Räte Seld und Zasi-
us an Herzog Albrecht bieten hingegen durch vertrauliche Mitteilungen und
Wertungen oftmals farbige Ergänzungen.
Die Konzentration auf den Kaiser Ferdinand mag altmodisch erscheinen. In-
dessen halte ich es für das 16. Jahrhundert noch immer für einen legitimen An-
satz, da politisches Handeln – von Ausnahmen abgesehen – bei den Trägern der
Herrschaft und ihren Beratern konzentriert war37. Es gehört zu den Zielen der
Arbeit zu zeigen, welchen Anteil Ferdinand an politischen Entscheidungen, die
35 Sickel, Konzil; Šusta; Nuntiaturberichte, II. Abteilung; Concilium Tridentinum; Constant,
Légation
36 Einige Briefe Bochetels aus dem Jahr 1562 hat Meyenhofer aus Londoner Beständen publiziert.
37 „Schon der Herrscher des Reformationsjahrhunderts war aber der Mittelpunkt der gesamten
Staatstätigkeit.“ (Oestreich: Persönliches Regiment, S. 216)
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien