Seite - 23 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Bild der Seite - 23 -
Text der Seite - 23 -
Ferdinand und seine Berater 23
Weber, als Seld um Entbindung von seinen Pflichten als Reichsvizekanzler bat,
gründlich eingearbeitet. Wenn man aus seiner während der Regierung Maximi-
lians II. eingenommenen Haltung zurückschließen darf, ist es wahrscheinlich,
daß er gegen den religionspolitischen Kurs Ferdinands und Selds keine Ein-
wände hatte32.
Neben Seld genoß Dr. Georg Gienger (ca. 1496–1577) bei Ferdinand hohes
Ansehen33. Er hatte in Wien studiert, als dort der von Maximilian I. geförderte
humanistische Zirkel in Blüte stand34. Von 1538 bis 1544 diente Gienger dem
König als Vizekanzler. Seine Ablösung durch Jonas war sicher nicht durch Un-
zufriedenheit Ferdinands verursacht, denn Gienger blieb Mitglied des Gehei-
men Rates, und sie scheint auch keine politischen Gründe gehabt zu haben35.
Von Gienger stammen wichtige Überlegungen über Position und Möglichkei-
ten Ferdinands als Römischer König, und wegen seiner Ferdinand imponieren-
den Kenntnisse des kanonischen Rechts und der alten Kirchenlehrer36 wurde er
bei religionspolitischen Fragen mehrmals als Gutachter konsultiert. Wie Seld
war Gienger für Reformen der Kirche aufgeschlossen und hielt Konzessionen
bei den Kirchenbräuchen für zulässig37. 1562 präsentierte ihn Ferdinand für das
vakante Bistum Wien, doch hat Gienger das Amt nicht übernehmen mögen38.
In den Kaiserjahren Ferdinands war er anscheinend von der Pflicht befreit, die
Reisen des Kaiserhofes mitmachen zu müssen.
Dr. Johann Ulrich Zasius (1521–1570), Sohn des berühmten Juristen Ulrich
Zasius, seit 1546 in Ferdinands Diensten39, war wahrscheinlich sein geschickte-
ster Unterhändler. Sein Arbeitsgebiet war die Reichspolitik, auf diesem Feld
verfügte er über große Geschäftskenntnis. Auf den Reichstagen, die Ferdinand
persönlich leitete, fungierte Zasius als Sprecher Österreichs im Fürstenrat, 1556
wurde er zusammen mit dem Grafen Georg von Helfenstein mit der kommissa-
rischen Leitung des Reichstages in Regensburg betraut, bis der König dort ein-
traf. Zasius unterhielt gute Beziehungen zu Herzog Albrecht von Bayern40,
wodurch er nicht unwesentlich zu der immer enger werdenden Zusammenar-
beit zwischen Albrecht und Ferdinand beitrug41. Durch häufigen Nachrichten-
austausch genoß er auch bei Herzog Christoph von Württemberg und beim
Landgrafen Philipp von Hessen ein gewisses Vertrauen42, was man am Kaiser-
hof als politisches Kapital zu würdigen wußte. Zasius hatte zahlreiche politische
Missionen in Südwestdeutschland auszuführen. Daraus läßt sich entnehmen,
daß Ferdinand zu seiner Loyalität und diplomatischen Wendigkeit großes Ver-
32 Edel, Weber, S. 136
33 Naeve, S. 65f u. S. 161
34 Schiffmann, S. 187f
35 Goetz, Ratgeber, S. 474
36 Sickel, Reformationslibell, S. 11
37 Vgl. sein Gutachten bei Hopfen, S. 343ff; Lanzinner, Räte, S. 313
38 Kress, S. 86 Anm. 15
39 Daten nach Goetz, Zasius, S. 706ff
40 Der Herzog setzte sich 1565 bei Kaiser Maximilian II. dafür ein, Zasius zum Reichsvizekanzler
zu berufen (Lanzinner, Räte, S. 301).
41 Goetz, Bayerische Politik, S. 98f
42 Lanzinner, Räte, S. 306
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien