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Ferdinand und seine Berater 25
wurde Ende 1554 an den Bosporus entsandt50 und durfte, nachdem er seine
wichtigste Aufgabe, die Aushandlung eines mehrjährigen Friedensvertrages,
unter schwierigen und zeitweise für ihn wenig angenehmen Bedingungen gelöst
hatte, Ende August 1562 an den Kaiserhof zurückkehren, wo er zum Erzieher
der beiden ältesten Söhne König Maximilians ernannt wurde51.
Schon seit den zwanziger Jahren diente Martin de Gúzman Ferdinand als
Kämmerer, seit 1551 als Oberstkämmerer52. Beide verband die in Spanien ge-
meinsam verlebte Jugendzeit, er galt den Diplomaten am Kaiserhof als der eng-
ste Vertraute des Fürsten, ohne daß sein Einfluß konkret zu fassen wäre. Gúz-
man wurde mit der schwierigen Aufgabe betraut, dem den Habsburgern nicht
wohlgesinnten Papst Paul IV. den Übergang der Kaiserwürde von Karl V. auf
Ferdinand anzuzeigen. 1559 wurde er zum Botschafter Ferdinands bei Philipp
II. ernannt, wohl auch, weil er endlich in seine alte Heimat zurückkehren woll-
te53. Zu engerer politischer Kooperation zwischen den beiden habsburgischen
Zweigen vermochte er dort jedoch kaum beizutragen, anscheinend gelang es
ihm nicht, dem spanischen König die politischen Ziele des Kaisers nahezubrin-
gen54.
Nach dem Urteil der venezianischen Botschafter genoß Johann Trautson,
Freiherr von Sprechenstein und Schroffenstein, die besondere Gunst Ferdi-
nands, und der spanische Gesandte Graf Luna hielt ihn neben Seld für den ein-
flußreichsten Berater des Kaisers55. Die Akten geben darüber keine Aufschlüs-
se. Bis 1558 bekleidete er das Amt des Hofmarschalls, ab 1559 das des
Obersthofmeisters, außerdem war er Mitglied des Geheimen Rates56. In die
Beratungen über die Reform der Kirche im Vorfeld des Konzils war er einbe-
zogen57, und wie der Kaiser und Seld befürwortete er eine durchgreifende Kir-
chenreform58. Trautson, der aus Tirol stammte, erhielt 1563 den Auftrag, die
Tiroler Landstände zu einer Bitte an den Kaiser zu bewegen, er möge seinen
gleichnamigen Sohn mit der Regierung dieses Landes betrauen59, wie Ferdinand
in der Erbteilung seiner Länder unter seine drei Söhne vorgesehen hatte.
Der mit Gienger verschwägerte Landvogt Ferdinands in Schwaben, Georg
Ilsung, hatte neben diesem Amt vorwiegend finanzielle Aufgaben für seinen
50 Johann von der Aa, der Busbecq bei Ferdinand eingeführt haben soll (so Busbecq, S. 3 = Hu-
ussen, S. 29), war nicht „Geheimer Rat“, sondern Ferdinands burgundischer Sekretär (Fell-
ner/Kretschmayr, S. 155 u. S. 175).
51 Koretz, S. 115–128, und insbesondere Martels, passim, durch dessen Arbeit die ältere Literatur
zu Busbecq weitgehend überholt ist.
52 Zu Gúzman neben Goetz, Ratgeber, S. 473f jetzt Laferl, S. 71 u. S. 237f
53 Die Behauptung von Fichtner, S. 239f, Ferdinand sei nach 1559 von mehreren Ratgebern verlas-
sen worden, weil er kein Gehalt mehr gezahlt habe, ermangelt der Belege, ist für Gúzman und
Gienger unglaubwürdig, für Jonas falsch.
54 Seine Berichte enthalten nur selten wichtige politische Mitteilungen über die Ansichten Philipps
II.
55 Goetz, Ratgeber, S., 478f; Lanzinner, Räte, S. 298; CDI 98, S. 310
56 Fiedler, S. 213
57 Sickel, Reformationslibell, S. 11 Anm. 2
58 NB II 3, S. 200: Bericht Commendones über seine Verhandlungen in Innsbruck, Februar 1563
59 Hirn 1, S. 55
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien