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Eröffnung des Reichstages 57
Probleme zuerst untereinander verständigen zu müssen, und lehnten gemein-
same Sitzungen mit Vertretern des Fürstenrates in einem Ausschuß als Minde-
rung der kurfürstlichen Präeminenz ab139.
So wirkte sich der Verzicht der Habsburger, in der Proposition die Einset-
zung des in Passau vereinbarten Ausschusses zur Beratung des rechten Weges
zur Religionsvergleichung aufzugreifen, gleich zu Anfang nachteilig aus. Auch
als der Fürstenrat im August noch einmal an diese Passauer Abmachung erin-
nerte, wurde er vom Kurfürstenrat abgewiesen140.
Stattdessen setzte Kurfürst August von Sachsen seine Intention durch, den in
der Proposition gar nicht vorgesehenen „Religionsfrieden“ an erster Stelle zu
behandeln. Die endgültige Verständigung der beiden oberen Kurien, den Reli-
gionsfrieden als ersten Punkt zu behandeln, erfolgte am 11. März141. Die offizi-
elle Antwort der Reichsstände an den König bekundete zwar die Bereitschaft,
auch den ersten Punkt der Proposition – also die Suche nach dem rechten Weg
zur Vergleichung der Religion – in Angriff zu nehmen, jedoch erst später, da
man noch auf die Ankunft „etlicher Personen ... so zu dieser Berathschlagung
zu gebrauchen“ warten wolle. Doch sei man einig, nach Räten getrennt „von
einem gemeinen Frieden neben und mit dem Puncten der religion“ zu handeln,
„wie und auf was Weise ein beständiger Friede und Handhabung desselben
aufzurichten sey und wie es mit der Religion und profan sachen gehalten und
mitlerweil ein Friede darin zu stellen“142. Über den Landfrieden könne man
auch noch reden, aber eine Bindung an die Wormser und Frankfurter Ergebnis-
se wurde ausdrücklich abgelehnt.
In seinen jungen Jahren hatte Ferdinand es als Beeinträchtigung der kaiserli-
chen Prärogative bekämpft, wenn die Reichsstände die vorgeschlagene Tages-
ordnung umstoßen wollten143. Diesmal nahm er die Änderung hin. Das kann
damit zusammenhängen, daß Kurfürst August von Sachsen den König auf sein
in Passau gegebenes Einverständnis mit einem „beständigen Frieden“ (was ja
nicht Teil des Vertrages geworden war) festzulegen trachtete144. Die erste Wer-
bung der sächsischen Gesandten mit der Forderung nach einem „ewigen Religi-
onsfrieden“ hatte Ferdinand ausweichend beantwortet, indem er auf die gerade
anlaufenden Reichstagsberatungen verwies145. Dann wurde jene Forderung von
mehreren in Naumburg zusammengetroffenen protestantischen Fürsten in
einer an den König nach Augsburg geschickten Entschließung ebenfalls erho-
ben. Mit ihrer Argumentation, man habe über die Religionsvergleichung selbst
und über die Wege dazu oft genug vergeblich verhandelt, wodurch das Miß-
139 Vgl. Neuhaus, Reichstag, S. 59–61; Passauer Protokoll, fol 16v-19r
140 HStA Marburg, PA 1208: Protokoll der hessischen Gesandten beim Augsburger Reichstag, fol
143–145 (3.- 5.August 1555)
141 Fürstenratsprotokoll (wie Anm. 132), fol 27; Druffel 4, Nr. 561, S. 590. Damit „wurde der
Augsburger Reichstag von 1555 zum Reichstag des Religionsfriedens“ (Rabe, Reich, S. 295).
142 Gedruckt bei Lehmann 1, S. 12
143 Vgl. etwa seinen Einspruch in Speyer 1529 (DRTA 7, S. 570); Laubach, Reichstagspolitik
1528/29, S. 86
144 Schwabe, S. 235
145 Ferdinands Antwort v. 13.2.1555 (HHStA Wien, RK RelA 25 I, fol 36r-37r; vgl. Lutz/Kohler, S.
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CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien