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Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger
Religionsfrieden60
cancellariae“ abgefaßt sei160. Der Ausschuß und der Fürstenrat haben daran
nichts geändert161, aber bei der Übergabe an den Kurfürstenrat rügte der Main-
zer Kanzler die ungewöhnliche Fassung und bestand auf einer Umarbeitung,
der die zitierte Wendung dann zum Opfer fiel. Schon vorher hatte sie ein kriti-
scher Kommentator des ersten Ausschußergebnisses – wahrscheinlich Hornung
– beanstandet und ihre Streichung verlangt162.
Drittens läßt sich feststellen, daß Zasius kaum mehr getan hatte, als den
reichsrechtlichen Status quo festzuhalten163. Die Initiative zahlte sich aus, denn
der Ausschuß hat nur wenige substantielle Änderungen vorgenommen.
Unter weitgehender Übernahme der Formulierungen des Passauer Vertrages
sollte die Friedenszusage wechselseitig für die Altgläubigen einerseits, die An-
hänger der Augsburgischen Konfession andererseits gelten164, wie es dann im
dritten und vierten Artikel des Religionsfriedens festgelegt worden ist. Über die
Dauer war mit „hinfüran“ nichts Präzises gesagt, vielmehr wurde ausdrücklich
darauf verwiesen, daß der Reichstag ja noch über den Weg zur Religionsverglei-
chung nachdenken solle, die „einhellig“ gefunden werden müsse165. Der Ent-
wurf brachte also implizit Ferdinands Auffassung zum Ausdruck, im Grunde
könne nur dann, wenn die Glaubensfrage gelöst sei, wirklich Friede im Reich
hergestellt werden, und suchte die Verpflichtung der Reichsstände, auch dar-
über zu beraten, aufrechtzuerhalten. Im Vergleich zu den während der Passauer
Verhandlungen gemachten Konzessionen (nicht zum Wortlaut des Passauer
Vertrages!) war diese Unbestimmtheit für die Protestanten sicherlich ein Rück-
schritt, und so haben sie versucht, die zu treffende Vereinbarung als einen „ewi-
gen Frieden“ zu charakterisieren166. Das lag ganz auf der Linie Kursachsens und
war dem König in der Naumburger Entschließung der protestantischen Fürsten
gerade wiederum vorgetragen worden. Von Ferdinand aber wurde diese Kenn-
zeichnung lange erbittert bekämpft. Obwohl auch einige geistliche Stände im
Ausschuß des Fürstenrates für eine Klarstellung hinsichtlich der Dauer der
160 Druffel 4, S. 600 und HHStA Wien, RK RTA 29b Konv. II Nr. 2a: Auszug Zasius’ über die
Verhandlungen vom 19. bis 25. März, hier fol 9r/v
161 Aufgefallen ist sie dem Landgrafen Philipp von Hessen, der mißtrauisch wurde, ob der Kaiser
das Ergebnis des Reichstages konfirmieren werde, und seine Räte beauftragte, sich die Voll-
macht des Königs vorzeigen zu lassen (vgl. Brückner, S. 33). Ob sich Philipp an die Vorgänge
auf dem Reichstag von 1529 erinnert hat, als Ferdinand eine eigene Proposition hatte vorlegen
müssen, weil die erforderlichen Papiere aus Spanien nicht gekommen waren? (Vgl. dazu Lau-
bach, Reichstagspolitik 1528/29, S. 61ff.)
162 HHStA Wien, RK, RTA 29b, Konv. II Nr. 40 , fol 1r, Marginalie: „Dieweil die Kö. Mt. in irem
namen handlen solle absolute, videtur hoc ommittendum“. Das Aktenstück hält nicht nur das
erste Zwischenergebnis des Ausschusses fest, sondern auf dem Rand auch weitere Änderungs-
anträge und Entscheidungen, die zu der von Brandi, Religiosnfrieden, S. 5ff, edierten Fassung
geführt haben.
163 Ähnlich, aber mit negativer Bewertung Ernst, Bw. 3, S. XL
164 „Erste idea“ (wie Anm. 148), fol 13v
165 Diese aus dem Passauer Vertrag stammende Wendung stieß je länger desto mehr auf Kritik, weil
es einer kleinen Minderheit die Möglichkeit gebe, mit großer Mehrheit gefundene Lösungen zu
verhindern (so schon eine Marginalie in dem Anm. 162 genannten Papier, fol 1v).
166 Vgl. das württembergische Votum im Ausschuß, Druffel 4, S. 601f.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien