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Die Zasius-Initiative 61
Friedenszusage – „bis zu entlicher vergleichung“ – plädierten167, ist an dieser
Stelle zunächst keine Präzisierung aufgenommen worden.
Ferner wurde sofort diskutiert, für wen die Zusage nicht gelten sollte. Die
zunächst notierte Formel, alle anderen „früheren und künftigen sekten“ sollten
ausgeschlossen sein, vermochte nicht allseits zu befriedigen. Die von einigen
Mitgliedern, und zwar sowohl Katholiken als auch Protestanten, anfangs ge-
wünschte Spezifizierung durch Aufzählung lehnte Zasius ab, weil täglich neue
Sekten entstünden168.
Das zweite Kapitel des Entwurfes „Von geistlichen und weltlichen hab und
gütern, ober- und gerechtigkeiten“ erfuhr, obwohl das längste, im Ausschuß die
wenigsten Änderungen169. Aus dem Passauer Vertrag war die dort vereinbarte
allgemeine Besitzgarantie übernommen170. Hinsichtlich der kirchlichen Besit-
zungen und Rechte waren zur Erläuterung im einzelnen mehrere Paragraphen
des Reichstagsabschieds von Speyer 1544 nahezu unverändert angeschlossen171,
durch welche damals den kirchlichen Institutionen beider Seiten die ungehin-
derte Nutznießung ihres in fremden Territorien gelegenen Besitzes unabhängig
von der Konfessionszugehörigkeit zugesichert worden war. Die dortige Fixie-
rung des Besitzstandes auf die Zeit des Regensburger Reichstages von 1541 war
durch ein vages „bis hierher“ ersetzt. Durch einen Eichstätter Zusatzantrag
wurde dann verdeutlicht, daß die Besitzstände zur Zeit des Passauer Vertrages
als verbindlich angesehen wurden172. Von den geistlichen Fürsten hat es an-
scheinend zunächst keine Einwände gegen diese Bekräftigung der seit Speyer
gültigen Regelungen gegeben, obwohl damals jene Bestimmungen gegen den
Widerstand der katholischen Reichsstände in den Abschied gekommen wa-
ren173. Alle diese Bestimmungen waren für die unstrittigen Verhältnisse ge-
dacht. Eine Folge des Abschreibens aus den früheren Reichstagsabschieden war,
daß die Formel „bis zu endlicher vergleichung“ hier auftauchte174.
Beim Problem der geistlichen Jurisdiktion, deren Ausübung die Protestanten
den geistlichen Fürsten für ihre Territorien verweigerten, sowie der „entfrem-
deten“ Kirchengüter (also solcher, gegen deren Entziehung oder Umwidmung
sich die Vorbesitzer noch wehrten), griff der Entwurf auf den § 39 des Augs-
burger Abschieds von 1548 zurück: Der König bot seine Vermittlung durch
Kommissare an, doch sollte bei Mißlingen einer Einigung das Reichskammerge-
richt auf der Basis des Landfriedensartikels „Von allen landfridbruchigen und
schlechten entsetzungen“ entscheiden175. Indessen wurde dieser Passus von den
meisten Ausschußmitgliedern für unzureichend gehalten. An den Kontroversen
167 Vgl. das Votum von Straßburg (Druffel 4, S.603)
168 Die Formel steht in der „ersten idea“ (Anm. 148) mit einem Einfügungszeichen am Rand (fol
13v). Zur Diskusssion darüber vgl. Druffel 4, S. 600ff
169 „Erste idea“ (wie Anm. 148), fol 13v-14v
170 Neue Sammlung 3, S. 5f: Passauer Vertrag, Artikel 8 und 9
171 und zwar §§ 84–89 (Neue Sammlung 2, S. 511f)
172 Art. 10 im Entwurf des Fürstenrats (nach Brandis Zählung); vgl. das Ausschußprotokoll bei
Druffel 4, S. 606
173 Luttenberger, Glaubenseinheit, S. 276ff u. S. 288
174 „Erste idea“ (wie Anm. 148), fol 14r
175 Ebda, fol 15r. Die Passage ist durchgestrichen.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien