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Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Seite - 87 -
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Entstehung des „Geistlichen Vorbehalts“ 87 Beratungen über die eigentliche Religionsvergleichung mitbehandeln könne314. Der Fürstenrat, in dessen entscheidender Sitzung die österreichischen Vertreter den „Geistlichen Vorbehalt“ natürlich verteidigten, konnte sich wie erwartet nicht einigen, vielmehr war jetzt auf beiden Seiten der Schulterschluß mit den Glaubensgenossen in der anderen Kurie vollzogen. In seinem Referat vor dem Kurfürstenrat hob Zasius noch einmal die weit- reichende Konzessionsbereitschaft der Katholiken hervor, die sogar den Über- tritt von Prälaten „tacite“ ermögliche, beschwor zur Begründung des „Geistli- chen Vorbehalts“ die Gefahren, daß verheiratete geistliche Fürsten zur Versor- gung ihrer Familie die geistlichen Güter auflösen würden, daß mehrere evange- lisch gewordene Bischöfe einen anderen Papst wählen und damit ein Schisma provozieren könnten, daß in päpstlichem Auftrag vom Kaiser durchzuführende Absetzungen zu Krieg im Reich führen würden, und fügte den ironischen Ap- pell an, wenn es den Übertretenden wirklich um den Glauben gehe, sollten sie „mit dem apostel sagen: ecce reliquimus omnia et secuti sumus te“315. Weil er die Ansicht der Protestanten überhaupt nicht erläutert, sondern nur ihren Ge- genantrag verlesen hatte, wurde Zasius von ihnen für seinen „parteiischen“ Vortrag heftig und nicht ganz zu Unrecht kritisiert316. Wenn er die dem öster- reichischen Vertreter obliegende Funktion des Sprechers für den Fürstenrat in dieser Weise nutzte, dürfte ihn die Absicht geleitet haben, die spätere Entschei- dung des Königs zugunsten der katholischen Position argumentativ so vorzu- bereiten, daß sie nicht als konfessionelle Parteinahme, sondern als von überge- ordneten Überlegungen zum Wohle des Friedens im Reich bestimmt erscheinen mochte; denn daß er zur Stunde damit nichts bewegen konnte, war ihm ja be- wußt. Nachdem so die wichtigste Frage zwischen den beiden oberen Ständekurien ausdiskutiert war, wurden die abschließenden Beratungen für die dem König zu überreichende Replik rasch zu Ende geführt. Da die Einigung auf das letzte einvernehmliche Bedenken des Kurfürstenrates mißlungen war, beantragten die Protestanten in beiden Kurien jetzt die Wiederherstellung der Garantie für die Hansestädte und die Ritterschaft, die damals gestrichen worden war, doch konnte man auch darüber keinen Konsens finden317. Am 19. Juni wurde der Wortlaut des Ständebedenkens einschließlich der beiden strittigen Zusatzartikel in einer gemeinsamen Sitzung den Vertretern der Reichsstädte mitgeteilt318. Zeit zum Abschreiben und zu gründlicher Beratung wurde ihnen nicht eingeräumt, 314 Und zwar durch Jülich; vgl. Ernst, Bw. 3, S. 231. 315 Ernst, Bw. 3, S. 233 Anm. 7 (Zitat aus dem Mainzer Kurfürstenratsprotokoll). Das letzte Argu- ment scheint schon in vorhergehenden Diskussionen gebraucht worden zu sein (Passauer Pro- tokoll, fol 107v); vgl. Wolf, Religionsfrieden, S. 137. 316 Passauer Protokoll, fol. 109v-110v; Zasius wies die Kritik zurück: die Argumente seien wegen ihrer Wichtigkeit und Notwendigkeit vorgetragen worden. 317 Endgültiger Wortlaut des protestantischen Zusatzwunsches bei Lehmann I, S. 25; zu den Ver- handlungen darüber Ernst, Bw. 3, S. 232 Anm. 6 und S. 234f. 318 Reinschrift in HHStA Wien, Hs. W 604, fol 122ff. Druck bei Lehmann I, S. 24–26. Der Geistli- che Vorbehalt erscheint als Zusatzantrag der Katholiken (erweitert um die Worte „Ipso iure et facto“ für den Amtsverlust), bei der Friedenszusage an die Protestanten ist das Wort „weltlich“ folgerichtig ausgelassen. CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Titel
Ferdinand I. als Kaiser
Untertitel
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Autor
Ernst Laubach
Verlag
Aschendorff Verlag
Ort
Münster
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-402-18044-0
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
786
Schlagwörter
Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
Kategorie
Biographien
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