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Die Beratungen zur Handhabung des Landfriedens 113
das Verfahren und widerspreche den Zielen der Exekutionsordnung, den Ge-
schädigten rasch zu ihrem Recht zu verhelfen475.
Im übrigen begnügte sich Ferdinand damit, einige Klarstellungen zu verlan-
gen476. Die Wichtigste betraf den heiklen Punkt, den Anspruch der beiden
„habsburgischen“ Reichskreise, also des burgundischen und des österreichi-
schen, auf Kreishilfe sicherzustellen. Sie erfolgte auf Initiative Hornungs. Der
kaiserliche Rat meinte, ein Passus, wonach die Exekutionsordnung nur für die
der Jurisdiktion des Reichskammergerichts unterworfenen Stände Gültigkeit
haben sollte, könnte so interpretiert werden, daß bei Angriffen auf die Nieder-
lande die anderen Kreise nicht zur Hilfeleistung verpflichtet wären, weil die
Niederlande der Jurisdiktion des Reichs nicht unterlägen, und insofern sei eine
Unvereinbarkeit mit dem Burgundischen Vertrag von 1548 gegeben. Besonders
beeindruckt war Ferdinand anscheinend durch die Bemerkung, für seine Er-
blande bestehe die gleiche Gefahr, „dieweil irer Mt. osterreichische land mit der
Jurisdiction exempt seien“477. Er beantragte – angeblich nur zur Vermeidung
von späteren Mißverständnissen – die Erläuterung, daß die Exekutionsordnung
ebenso wie anderen Reichsständen auch den Häusern Österreich und Burgund
„und derselben zugehörigen landen leuten und undertanen“ zugute kommen
solle, weil sie ja auch Glieder des Reiches seien „und mit dem hail. reich contri-
buieren und mitleiden tragen, ja auch für zween underschidlich krais des hail.
reichs geacht und gehalten werden“, und betonte, weder der Kaiser noch er
würden die Kreishilfe zu anderen Zwecken beanspruchen als irgendein Reichs-
stand478. Damit sollte die Befürchtung entkräftet werden, die Habsburger
könnten sich der Kreishilfe gegen Angriffe auswärtiger Potentaten bedienen
wollen. Bemerkenswert ist, daß Ferdinand in seiner Resolution Hornungs
Hinweise auf den Burgundischen Vertrag nicht zur Begründung heranzog, sie
wurden vielmehr aus dem Entwurf gestrichen und durch die zitierte Argumen-
tation ersetzt, während er sie in seinem Vorbericht an den Kaiser anführte479.
Anscheinend hielt er die Berufung auf das den Ständen mehr oder weniger ab-
gepreßte Abkommen für inopportun480. Gegenüber Hornung rechtfertigte er
die Unterlassung, seines Wissens hätten die burgundischen Gesandten in
Frankfurt signalisiert, daß der Kaiser die Zuständigkeit des Reichskammerge-
richts für die Niederlande bei Landfriedensbruch nicht ablehne481.
Einige weitere Änderungsvorschläge Hornungs zur Kammergerichtsordnung
lehnte Ferdinand ab, weil sie die Verhandlungen belasten würden482. Die Reso-
475 Wie Anm. 471, fol 434–435; Auszug bei Bucholtz 7, S. 216
476 Der Inhalt der Resolution ist in der Reihenfolge der Punkte referiert bei J. Müller, S. 261f.
477 Lutz/Kohler, S. 105f.; zur Genesis des beanstandeten Artikels vgl. Kohler, Sicherung, S. 163f.
478 Diese Passage gedruckt bei Groß/Lacroix 2, S. 99f.
479 Wie Anm. 471, fol 432v-433r; die neue Formulierung von Jonas geschrieben, die gestrichene
entspricht dem bei Groß/Lacroix 2, S. 100f. gedruckten Auszug aus Ferdinands Brief v. 3.9.1555
an den Kaiser.
480 Die Quellensammlung von Groß/Lacroix enthält etliche Belege für Ferdinands kritische Ein-
stellung; vgl. auch Kohler, Gesamtsystem, S. 35.
481 Lutz/Kohler, S. 141: „Nota“ Hornungs
482 Lutz/Kohler, S. 113
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien