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Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger
Religionsfrieden114
lution wurde den Ständen am 6. September im Gegenzug zu ihrer Duplik zum
Religionsfrieden bekannt gegeben.
Die Antwort der Reichsstände auf die königlichen Einwände und Wünsche
wurde am 15. September überreicht483. Im strittigen Punkt bei der Kammerge-
richtsordnung hatte der Kurfürstenrat nachgegeben. Die sachlich geringfügig
erscheinenden Präzisierungen wurden zugestanden. Für die Einberufung des
Deputationstages im Falle gravierender Friedensstörungen wurde als Kompro-
miß vorgeschlagen, der Kurfürst von Mainz solle diese Aufgabe als Reichserz-
kanzler im Auftrag des Kaisers ausüben und diesen gleichzeitig umfassend in-
formieren, so daß er instruierte Kommissare für die Tagung abfertigen kön-
ne484. Ferdinand machte in seiner Zustimmung aktenkundig, er verstehe das so,
daß der Deputationstag sich mit anwesenden Kommissaren des Kaisers bzw.
Königs zu beraten und zu vergleichen habe485. Nicht geeinigt hatten sich die
beiden Kurien über die Einbeziehung des österreichischen und des burgundi-
schen Kreises486. In beiden Kurien war die Frage aufgetaucht, ob der Burgundi-
sche Vertrag dazu im Widerspruch stehe. Der Fürstenrat hatte das verneint und
festgestellt, daß „die krais Burgundi und Osterrich dem reich underworfen“487,
so daß dem königlichen Begehren zu willfahren sei, zumal sonst zu besorgen
sei, bei einem Ausschluß Burgunds würden seine finanziellen Leistungen an das
Reich eingestellt werden. Aber die Mehrheit des Kurfürstenrates war – angeb-
lich wegen fehlender Instruktionen – nicht zu einer Änderung des Artikels
bereit gewesen.
So sehr Ferdinand an einem raschen erfolgreichen Abschluß lag, in diesem
Punkt konnte er mit Rücksicht auf seinen Bruder nicht einfach einlenken. Da-
her wurde im königlichen Rat beschlossen, den Antrag auf Klarstellung zu
wiederholen488. In den Beratungen der Reichsstände setzte der Kurfürstenrat
die Erklärung durch, daß die Kreishilfe nur gegen der Rechtsprechung des
Reichs unterliegende Friedensbrecher, nicht gegen auswärtige Potentaten bean-
sprucht werden könne und nur von Ständen, die selbst auch vor dem Reichs-
kammergericht Recht gäben und nähmen; da das für den österreichischen Kreis
zutreffe, habe er Anspruch auf Kreishilfe; sofern der burgundische Kreis die
Jurisdiktion des Kammergerichts in Landfriedensfragen anerkenne, gelte für ihn
das Gleiche489. Für Österreich ließ Ferdinand durch Jonas ausdrücklich seine
Zustimmung erklären, für Burgund aber konnte er jene Anerkennung nicht
aussprechen und mußte sich darauf zurückziehen, die Auffassung der Stände
dem Kaiser zur Entscheidung übermitteln zu wollen und ihm das Recht vorzu-
483 Eine Kopie in NWStA Münster, FML 473 Bd. 151, fol 418–424; Inhaltsreferat bei J. Müller, S.
262–264
484 Im § 65 des Abschieds erteilt der Kaiser dem Erzbischof von Mainz den Auftrag zur Einberu-
fung des Deputationstages (Neue Sammlung 3, S. 27). Zu den Beratungen der Stände Ernst, Bw.
3, S. 325 Anm. 1
485 J. Müller, S. 265
486 Auszüge aus den Protokollen beider Kurien bei Groß/Lacroix 2, S. 101–105
487 Groß/Lacroix 2, S. 103
488 Lutz/Kohler, S. 134f.
489 Zu den Beratungen Groß/Lacroix 2, S. 105ff; Ernst, Bw. 3, S. 330 Anm. 1; Kopie des Ständebe-
denkens in NWStA Münster, FML 473 Bd. 151, fol 431–433, Referat bei J. Müller, S. 265–267.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien