Seite - 134 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Bild der Seite - 134 -
Text der Seite - 134 -
Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger
Religionsfrieden134
möglich seien, ihre Zustimmung, im Abschied festzuschreiben, daß der nächste
Reichstag sich mit diesen Themen, außerdem mit der ebenfalls unerledigt ge-
bliebenen Reichsmünzordnung, befassen, dazu von den Fürsten persönlich
besucht und schon terminiert werden sollte. Als Tagungsort schlug er Regens-
burg vor, weil es näher an seinen Erblanden liege, als Zeitpunkt den 1. März des
kommenden Jahres. Er stellte eine persönliche Teilnahme des Kaisers als even-
tuell möglich hin, sagte seine eigene zu und fügte die Mahnung an, alle sollten
sich mit ihren Theologen darauf vorbereiten625.
An sich hatte Ferdinand für diesen Schritt keinen Auftrag. Zwar hatte der
Kaiser im August zugestimmt, den Reichstag zu vertagen und später mit der
alten Tagesordnung weiterzuführen, doch handelte es sich jetzt um die Beru-
fung einer neuen Reichsversammlung. Auch wenn Ferdinand gegenüber seinem
Bruder diese letzte Inanspruchnahme der ihm erteilten Vollmacht primär damit
begründete, im Sommer des nächsten Jahres sei ein Angriff der Türken zu be-
fürchten, so daß es für die Erlangung der dann nötigen Reichshilfe vorteilhaft
wäre, die Reichsstände schon beieinander zu haben626, so fügt sich sein Handeln
ebenso in seine eigene reichspolitische Konzeption, die weiterhin auf die Über-
windung der Glaubensspaltung im Reich zielte. Darum vertrat er vor den
Reichsständen die Ansicht, mit dem nun vereinbarten Frieden sei die Voraus-
setzung für die leichtere Bewältigung jener Frage, „daran zum hochsten gele-
gen“, geschaffen627. Die Festlegung der Themen im Abschied – übrigens unter
Berufung auf den Passauer Vertrag – sollte langwierige Verhandlungen über
Notwendigkeit und Aufgaben des nächsten Reichstages abschneiden, die Ver-
pflichtung der Fürsten zur persönlichen Teilnahme die Erfolgschancen steigern.
Während der Fürstenrat keine Schwierigkeiten machte, stieß Ferdinand bei
den Räten der Kurfürsten auf den Einwand, ihre Instruktionen reichten dafür
nicht aus, darum könnten sie für ihre Herren diese Verpflichtung nicht einge-
hen, er möge sich wie üblich mit ihnen gesondert verständigen, außerdem wäre
Worms als Tagungsort sicher geeigneter. Ferdinand argumentierte dagegen, die
Kurfürsten seien durch seine letzte Gesandtschaft über seine Vorstellungen für
den künftigen Reichstag hinreichend informiert und würden persönlich ihm
bestimmt beipflichten, zumal er nun so lange in Augsburg ausgeharrt habe,
während sie zu Hause geblieben wären; er konnte die Aufnahme seiner Vor-
schläge in den Abschied schließlich durchsetzen628. Obwohl die Räte der Kur-
fürsten nicht hätten zustimmen mögen, berief Ferdinand „im Nahmen und an
statt“ des Kaisers den nächsten Reichstag zum 1. März 1556 nach Regensburg
und bestimmte, daß kein weiteres Ausschreiben mehr ergehen werde629. Am 24.
625 HHStA Wien, RK RTA 32, fol 536r-537r: Protokoll des Fürstenrats zum 21.9.1555;
Lutz/Kohler, S. 151f; Friedensburg, S. 76
626 Lanz, Corr. 3, S. 683f: F. an Karl, 24.9.1555; dazu Lutz, Christianitas, S. 435f
627 Lutz/Kohler, S. 152; ähnlich im Protokoll des Fürstenrates (wie Anm. 625)
628 Passauer Protokoll fol 190v/191r; Lutz/Kohler, S. 154 u. 156
629 Neue Sammlung 3, S. 39. Im Abschied des Nürnberger Reichstages von 1524 gibt es insofern
Parallelen, als damals sowohl der Termin für die nächste Reichsversammlung, die ebenfalls
schon über die Religionsfrage beraten sollte, als auch die persönliche Teilnahme der Fürsten
festgelegt wurden (DRTA 4, S. 604; vgl. Laubach, Nationalversammlung, S. 11).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien