Seite - 142 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Bild der Seite - 142 -
Text der Seite - 142 -
Kapitel 2: Der Regensburger
Reichstag142
personnlich besuechen und hallten sollen“4. Zum Jahreswechsel im Reich kur-
sierende Gerüchte, der Kaiser werde nicht nach Spanien abreisen, sondern den
Reichstag persönlich besuchen, waren substanzlos5. Karl V. engagierte sich
weder für das Zustandekommen der Versammlung – Ferdinand mußte ihn
mehrmals bitten, seine Bemühungen um persönlichen Reichstagsbesuch der
führenden Reichstände zu unterstützen, – noch fand er sich zu einer inhaltlichen
Erörterung des Programms bereit. Vielmehr überließ er sämtliche Entscheidun-
gen Ferdinand. Schließlich verdeutlichte er mit seiner Weigerung, überhaupt
Kommissare nach Regensburg zu schicken, nicht nur Ferdinand seine Ableh-
nung jeglicher Verantwortung, sondern demonstrierte damit auch vor der Öf-
fentlichkeit des Reichs sein Desinteresse6. Zwar hielt Ferdinand in der Proposi-
tion an der Fiktion fest, daß Kaiser Karl sich die in Augsburg vorgenommene
Ansetzung des Reichstags „auch also gefallen lassen“ und ihn (Ferdinand) be-
auftragt habe, daß er „im namen und anstat irer Kay. Maj. denselben besuechen
und halten welle“7. Ebenso wurde in der Narratio des Abschieds erklärt, der
König habe den Reichstag auf des Kaisers „Gesinnen, Begehren und Auferle-
gen“ übernommen, und am Ende versprach Ferdinand die Beachtung der Be-
schlüsse, so weit sie den Kaiser und ihn selbst beträfen, „an statt und im Namen
der Kayss. Maj. und fur uns selbst“8. Dennoch ist der Regensburger Reichstag,
obwohl die Regierung Karls V. nominell andauerte, ausschließlich ein Reichstag
Ferdinands I. gewesen9.
Ferdinands Hoffnung, in Regensburg der Überwindung der Glaubensspal-
tung im Reich zumindest näherzukommen, wird dokumentiert durch seine
vorbereitenden Maßnahmen. Sie belegen, daß er die inhaltliche Erörterung
theologischer Streitfragen während des Reichstages durchaus in Erwägung ge-
zogen hat. Als Voraussetzung dafür betrachtete er eine gründliche Vorbereitung
der katholischen Reichsstände bzw. ihrer Theologen, und er dachte an die An-
wesenheit von Theologen auf dem Reichstag. Beide Aspekte sollten seine Ge-
sandten, die er um die Jahreswende an die bedeutenderen Fürsten schickte, um
die erste Verschiebung des Reichstags (auf den 1. April) zu begründen und um
persönliches Erscheinen zu ersuchen, bei katholischen Gesprächspartnern zur
Geltung bringen. Zur eigenen Vorbereitung forderte Ferdinand bei den theolo-
gischen Fakultäten seiner „Landesuniversitäten“ Freiburg im Breisgau und
Wien zu den wichtigsten Kontroversen Gutachten an, die in der Bibel, den
Konzilien und den Kirchenvätern fundiert sein und erwägen sollten, „ob und
wie, auch auf was mittl und wege“ eine Einigung erreicht werden könne; er
befahl aber Geheimhaltung, „damit die vor der zeit nit auskommen oder gemain
4 HHStA Wien, RK RTA 36, fol 72–73: F. an Karl, Wien, 3.1.1556 (Or.); ebda. fol 74–75 das
Schreiben an den Papst v. 30.12.1555 (Kopie, dt.).
5 Vgl. Druffel 4, S. 758, Blarer, Briefe 2, S. 402f; NB I 17, S. 210
6 Karl an F., 28.5.1556 (Lanz, Corr. 3, S. 702f); vgl. Kapitel 3, S. 212f
7 Entwurf der Proposition in HHStA Wien, RK RTA 36, fol 362–369; das Zitat fol 362r.
8 Neue Sammlung 3, S. 137 (Artikel 2) bzw. S. 149 (Artikel 87)
9 Im folgenden geht es wiederum nicht um eine Gesamtdarstellung des Reichstages selbst, sondern
nur um seine Bedeutung im Rahmen der Politik Ferdinands.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien