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Vorbereitende Überlegungen und Aktionen 143
gemacht werde[n]“10; die Gegner sollten die Linie Ferdinands also nicht schon
vorher attackieren und zerreden können. Derselbe Auftrag ging an die Theolo-
gen Georg Witzel und Friedrich Staphylus, die sich außerdem auf Abruf bereit-
halten sollten, in Regensburg zu erscheinen11. Zur Mitwirkung am Gutachten
der Wiener Fakultät wurde der gerade in Ingolstadt weilende Canisius zurück-
gerufen12.
Diese Aufträge zeigen, daß Ferdinand den Gedanken an ein neues „Buch zur
Vergleichung der strittigen Glaubensartikel“, den er im letzten Sommer ange-
deutet hatte13, tatsächlich weiterverfolgt hat. Aber nur Witzel lieferte seine Ar-
beit frühzeitig ab14, während Staphylus sie erst zum Jahresende, als der Reichs-
tag schon sein entscheidendes Stadium erreicht hatte, vorlegte15. Gutachten der
beiden Universitäten sind bisher nicht bekannt geworden.
Ferdinand ersuchte ferner die von ihm als theologisch kompetent geschätzten
Bischöfe von Naumburg und Merseburg, Julius Pflug und Michael Helding16,
um Gutachten zu den beabsichtigten Religionsgesprächen und ließ sie außer-
dem durch einen Gesandten dringend bitten, Ende Februar zu ihm nach Prag
zu kommen, um die Probleme vor dem Reichstag mit ihm zu erörtern17. Den
Erzbischof von Salzburg als Metropoliten der oberdeutschen Bischöfe sowie
seinen bayerischen Schwiegersohn forderte er zu einer vorbereitenden theologi-
schen Konferenz und anschließender Abstimmung mit den österreichischen
Theologen auf; wenn das gelang, mochte es zu einhelligen Voten des größeren
Teils der katholischen Mitglieder im Fürstenrat führen. Von beiden Fürsten
erhielt er grundsätzlich zustimmende Antworten18. Nachdem Ferdinand erfah-
ren hatte, daß die Protestanten ihrerseits eine Konferenz in Naumburg planten,
um sich über gemeinsames Vorgehen in der Religionsfrage zu verständigen,
regte er überdies allgemein bei den führenden katholischen Fürsten vorherige
gemeinsame Beratungen ihrer Theologen an19. Das Ziel war, Divergenzen zwi-
schen ihnen zuvorzukommen und beizeiten die Position zu erfahren, „warauff
10 HHStA Wien, RK RTA 36, fol 13–14 (an Freiburg, Konz. v. 31.12.1555) bzw. fol 69–70 (an
Wien, Konz. v. 1.1.1556); die Zitate fol 13v u. 14r. Vgl. Bundschuh, S. 81 mit Anm. 25
11 Zusatz im Konzept an Freiburg (fol 14r), das sonst auch für die beiden Theologen gelten sollte.
Daß auch Cassander eingeladen worden sei, wie Bundschuh, S. 82 Anm. 27 unter Berufung auf
eine nicht eindeutig datierte Angabe bei Franzen, S. 67 Anm. 3 annimmt, ist m.E. wenig wahr-
scheinlich. In den Wiener Akten habe ich keine Einladung an Cassander gesehen, Bundschuh
anscheinend auch nicht. Nolte weiß nichts davon.
12 Braunsberger 1, S. 598f; vgl. Lutz, Christianitas, S. 442
13 s. Kapitel 1, S. 101
14 Dazu weiter unten (S. 175)
15 Bundschuh, S. 357f
16 Zu Pflug zuletzt die eine Lebensarbeit abschließende Darstellung von Pollet; zu Helding s. die
Skizzen von Paulus, Feifel und Smolinsky.
17 HHStA Wien, RK RTA 36, fol 10–11: Instruktion v. 17.12.1555 für Damian Pflug (Konz.)
18 Antwort des Erzbischofs im Bericht des Erasmus Haydenreich v. 9.1.1556 (ebda, fol 87–88);
Antwort Herzog Albrechts bei Goetz, Beiträge, S. 1f
19 Nachinstruktion für Zasius v. 31.12.1555 (HHStA Wien, ebda, fol 19–21; längeres Zitat bei
Bundschuh, S. 81 Anm. 22). Ferdinand stellte zwar diplomatisch zurückhaltend auch eine Alter-
native zur Debatte, nämlich Vorberatungen der Theologen während des Reichstages, doch
wünschte er zweifellos die vorherige Konferenz.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien