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Die erste Phase des Reichstages 159
Vier Tage später setzten die Räte nach109, anscheinend ermutigt durch König
Maximilian, der eben jetzt Regensburg im Verlauf seiner Rückreise aus den
Niederlanden besucht hatte110. Wenn man auf das Colloquium hinarbeite, ar-
gumentierte Zasius, könne man die protestantischen Bestrebungen nach Ände-
rung des Religionsfriedens abblocken und alsdann Gelegenheit finden, die Sa-
che hinzuziehen, „alß lang solches Eurer kunigl. Mt. und anderer catholischen
noturfft und glegenhait sein würdeth etc. Darneben erhielten E. Mt. mit der
türggenhilff Ir intent, den widerwertigen wurden die meuler gestopft, der
glimpf stuend bey Eurer Mt. und were Ieren ain solches bey yedermeniglich
verantwortlich“111. Die Mehrheit der Protestanten werde gleichzeitige Be-
handlung der Punkte „Religion“ und „Türkenhilfe“ akzeptieren. Zur Erhärtung
schilderte er eingehend, was er über die internen Debatten der Protestanten
erfahren hatte, und dokumentierte die Bereitschaft des Kurfürsten August zur
Kooperation durch die Zusammenfassung aus dessen jüngster Instruktion, die
ihn sein sächsischer Gesprächspartner hatte kopieren lassen, „damit der chur-
fürst zu conservation des religion fridens und fortsetzung der türggenhilf so
stattlich urgiert“; Zasius resümierte, man dürfe die sächsischen Bemühungen,
die scharfe Opposition Ottheinrichs abzuschwächen, nicht durch Beharren auf
nicht durchsetzbaren Positionen erschweren112.
Leider ist die Antwort des Königs auf diese Vorschläge aus Regensburg ver-
loren. Zwar lassen sich seine Anweisungen aus den Erwiderungen der Räte
rekonstruieren, die Gründe aber, die seine Entscheidungen bestimmt haben,
können nur hypothetisch vorgetragen werden. Anscheinend genügten ihm die
inoffiziellen Informationen über die pfälzischen Absichten nicht, vielleicht
überschätzte er weiterhin den kursächsischen Einfluß – jedenfalls befahl er
sorgfältige Erkundung der protestantischen Absichten und, wenn irgend mög-
lich, im Fürstenrat für Verschiebung des Religionspunktes zu votieren, wäh-
rend er der empfohlenen Initiative für ein Colloquium nicht zustimmte113.
Denn Zasius’ Idee, das Colloquium in Gestalt eines Theologenkonventes als
Instrument zur Verschleppung der Religionsfrage einzusetzen, verfehlte die
Intentionen des Königs114, wie sich dann in den nächsten Wochen herausstellte.
Ferdinand hegte noch immer die Hoffnung, daß sich bei allseitig gutem Willen
die Kirchenspaltung überwinden ließe, und traute sich wohl zu, durch persönli-
vom 11. und 15. 9. aus im BHStA München vorhandenen Kopien zusammengezogen hat, ohne
das zweite Datum zu erwähnen.
109 Schreiben der Kommissare v. 15.9.1556 in HHStA Wien, ebda, fol 66r-72f (Zasius’ eigh. Konz.)
sowie ebda 38, fol 234r-239r, (Kopie, undatiert). Teildruck bei Bundschuh, S. 575–580.
110 Maximilians positive Einstellung zum Colloquium dokumentieren sein Brief an Christoph v.
Württemberg vom 27. 9.1556 (Ernst, Bw 4, Nr. 150, S. 175f) sowie der Umstand, daß Zasius ihm
eine Abschrift des Berichtes vom 15.9. zuschickte (HHStA Wien, ebda, fol 85r-87v: Zasius an
Maximilian, Regensburg, 18.9.1556, Or.).
111 Bundschuh, S. 575
112 Bundschuh, S. 579f. Zasius’ Kopie ist erhalten in HHStA Wien, RK RTA 37, fol 88r als Beilage
zu seinem Brief an Maximilian v. 18.9.1556.
113 Zasius hat die Anordnungen im Bericht vom 24.9.1556 wiederholt und kommentiert (ebda, fol
119–126, Or., Kopie ebda fol 127–130). Vgl. Bundschuh, S. 149 mit Anm. 91 u. 94
114 Ähnlich Bundschuh, S. 149f
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien